Bucket List Museums

In the process of aging, you start to edit bucket lists – containing things you want to do before you die. Those of you, who shy away from thinking about the time until their own death, may frame it as a priority list. Talking about the visit of museums, I have a quite substantial amount of „priorities“. But obviously I have already made some „checks“. Let’s see what is outnumbered over time: The to-be-visited places or the already-visited places. Here is my bucket list of museums world wide:

Museum Ludwig in Köln

Vor 40 Jahren schenkte das Ehepaar Ludwig der Stadt Köln Werke aus ihrer Sammlung, die sich seit 30 Jahren im Museumsbau hinter dem Kölner Dom befinden. Zum Jubiläum wurden nun Kunstwerke, die in besonderer Verbindung mit dem Museum stehen.

Schon an der Außenfassade des Museums hängt ein Plakat der Guerrilla Girls, die ironischerweise die Vorzüge des Mäzenatentums preisen. Die Vorzüge, ein eigenes Kunstmuseum zu besitzen, sind unter anderem, dass man – wie in der eigenen Firma – der Chef ist, dass Kunstproduzenten und -vermittler einem in den Hintern kriechen und dass man mit Schenkungen steuern sparen kann.

Im Innern überwindet der Besucher dann gleich zu Beginn Ahmet Ögüts Installation Bakunin’s Barricade – indem er hinter den beiden umgekippten Autos in die Sammlungsräume geht. Michail Bakunin hatte während den revolutionären Vorgängen 1849 in Dresden die Idee, Bilder aus der Staatlichen Gemäldesammlung auf die Straßenbarrikaden zu hängen, um die anrückenden Soldaten zu stoppen. In Anlehnung dazu legte Ögüts fest, dass der Käufer seines Kunstwerk im Falle eines Konflikts zur Verfügung stellen soll.

Hans Haackes Arbeit Der Pralinenmeister dokumentiert kritisch das Entstehen des Museums Ludwig: Peter Ludwig war Kunsthistoriker und mit der Erbin eines Schokoladenfabrikanten verheiratet. Auf welche Weise das Sammlerehepaar sich Einfluss auf die Sammlung auch nach der Schenkung an die Stadt Köln sichert, wird der Besucher zusammen mit den Arbeitsbedingungen in den Produktionsstätten ihres Unternehmens  schriftlich informiert. Die Gesinnung der Spender wird genüsslich verrissen.

Meschac Gabas Arbeit Reflection Room besteht aus einem Zelt, das einen unwillkürlich an eine provisorische Flüchtlingsunterkunft denken lässt. Die Zeltplane stellt die Flaggen aller Staaten der Welt dar. Symbolisch treffen sich also alle Nationen der Welt im Reflection Room. In seinem Innenraum sind tatsächlich auf Tischen Malutensilien für jedermann/-frau verteilt. Pratchaya Phinthong schenkte im Vorfeld der Ausstellung  geflüchteten Menschen in Bangkok hergestellte Jeans, welche diese dann für die Dauer der Austellung an die Mitarbeiter des Museums übergaben. An die Aktion erinnern in der Ausstellung zwei Teller, die von einem Essen des Künstlers mit den geflüchteten Menschen stammen.

Ansonsten kann man sich in der Menge der Sammlunghighlights verlieren. Das Museum ist weltbekannt für Pop-Art. Daher sind mehrere Räume dicht gehängt mit den Erzeugnissen deren Vertreter, wie etwa Jasper Johns Map, die auf Buckminster Fullers Versuch, eine verzerrungsfreie Projektion der Weltkugel zu schaffen, zurückgeht, Edward Kienholz silbrig-klebrige Soldatenhelden ohne Kopf, die im The Portable War Memorial unter der ewigen Wiederholung des Songs „God Bless America“ mit der Flagge in der Hand einen Imbisstisch erobern und den verkohlten Tarzan im Eck nicht wahrnehmen, das Punktraster in Roy Lichtensteins M-Maybe (A Girl’s Picture), das der Emotion des Bildausschnitts aus einem Comic-Strip keinen Abbruch tut, Richards Lindners trivialisierende Fetischobjekte in Disneyland, Tom Wesselmanns plakative Collage eines VW Käfers in Landscape No. 2 und eines Badezimmers mit Wäschekorb, Duschvorhang und Handtuch als reale Objekte in Bathtub 3, und zuletzt James Rosenquists Star Thief, dessen im Weltraum liegende, monumentale Speckstreifen das gesamte Treppenhaus ausfüllen (auch weil es als Wandgemälde des Miami Airport nicht akzeptiert wurde).

Zudem gibt es einige Klassiker zu sehen wie Paul Klees Hauptweg und Nebenweg oder Pablo Picassos Musketier und Amor (hinter welchem der beiden mag sich der Künstler verbergen?). Und auch Arbeiten jüngerer deutscher Künstler sind zu sehen: A. R. Pencks Gemälde Ich in Deutschland (West) zeigt aus der Sicht des Künstlers alles, wird aber aufgrund seiner Ausmaße (6m auf 12m) selten gezeigt. Bei Isa Genzkens Installation Kinder filmen werden destruktive Elemente der Konsumwelt inszeniert. Wolfgang Tillmans bekommt wie immer einen ganzen Raum für seine Fotos in unterschiedlichen Formaten und Martin Kippenbergers Kanarienvögel zerfließt das Zitronengelb im Angesicht des Mündungsrohrs eines Panzers.

 

Monatsrückblick – Januar 2017

|Gesehen| Rainer Werner Fassbinder: Despair – Rainer Werner Fassbinder: Die dritte Generation – Michael Fengler und Rainer Werner Fassbinder: Warum läuft Herr R. Amok? – David Cronenberg: Cosmopolis – Krzysztof Kieślowski: Drei Farben: Blau, Weiß, Rot – Paolo Sorrentino: Il Divo – Paolo Sorrentino: La grande bellezza – Todd Haynes: I’m not there – Paul Thomas Anderson: The Master – Ulrich Seidl: Paradies: Liebe – Peter Weir: The Truman Show – Sonja Heiss: Hedi Schneider steckt fest – John Frankenheimer: The Manchurian Candidate – Charles Laughton: The Night of the Hunter – Joel and Ethan Coen: Barton Fink – Roman Polanski: Der Mieter – Ken Loach: Angels‘ Share, Grey’s Anatomy Staffel 12, Big Bang Theory Staffel 9
|Gelesen| Jonathan Franzen: Freedom – Andrzej Stasiuk: Die Welt hinter Dukla – Daniel Kehlmann:  Ruhm
|Gehört| NAS: Illmatic
|Getan| Herzbrötchen, Bagels und Kuchen gebacken, Kinder und Schwangere gehütet, im Museum Ludwig in Köln gewesen, im Jüdischen Museum in Berlin gewesen, Diskussionen über Politik geführt und die ersten Trump-Tage in den USA mit eingermaßen fassungslos verfolgt, bei der Nationalen Kohorte als wissenschaftliches Erkenntnisobjekt gewesen, den alten Chef verabschiedet, schlecht geschlafen, zu viel gearbeitet
|Gegessen| Burger bei Die fette Kuh in Köln, Ramen-Nudeln bei Cocolo’s in Berlin-Mitte, selbstgemachter Porridge aus geschrotetem Hafer (nicht aus Flocken), Engadiner Nusstorte, Geburtstags-Frühstück im LuLa
|Getrunken| Spätburgunder von Salwey, Baden – Karthäuser Silvaner Spätlese von Max Mülller, Franken
|Gelacht| über die #everysecondcounts-Videos der verschiedenen Länder
|Gefreut| über den Schnee in der ersten Januarwoche (auch wenn er zu spät kam, um noch in den Schwarzwald zu fahren), das neue Sofa, die Geburtstagsgeschenke, Geburtstagsblumen und Geburtstagskuchen
|Geärgert| über die vielen, vielen US-Amerikaner, denen jetzt erst auffällt, wen sie gewählt haben
|Gekauft| ein neues, tolles Sofa
|Gewünscht| dass der große Schreck am Jahresanfang keine langfristigen Folgen hat
|Geklickt| jede Menge auf der Website der Bahn, zum Züge buchen und umbuchen

Monatsrückblick – November 2016

|Gesehen| Michael Haneke: Die Klavierspielerin – Guillermo del Toro: El laberinto del fauno – Steven Spielberg: The Sugarland Express – Chris Kraus: Poll – Noah Hawley: Fargo, Staffel 2 – Richard Curtis: Love Actually – Arnaud de Pallières: Michael Kohlhaas – Maximilian Erlenwein: Stereo
|Gelesen| Uwe Johnson: Eine Reise nach Klagenfurt – Bov Bjerg: Auerhaus – Max Frisch: Mein Name sei Gantenbein – Ryszard Kapuscinski: Meine Reisen mit Herodot – Max Frisch: Montauk – Carolin Emcke: Gegen den Hass
|Gehört| Robert Schumann: Klaviersonate No. 1 Op. 11
|Getan| mit A&M im Kindermuseum sowie im Museum für Naturkunde in Berlin gewesen
|Gegessen| Ramen Nudeln (Shoyu und Miso) bei Takumi Nine in Prenzlauer Berg, Blumenkohlkuchen, Radicchio-Linsen-Salat mit karamellisierten Walnüssen und Kräuter, eigenes Brot und wie immer mehrfach Bagel
|Getrunken| Kaffee bei The Barn Roastery in der Alten Schönhauser Allee, Kaffee mit Kardamom, Paulaner Spezi, Pineau de Charentes (aus dem Urlaub mitgebracht), den ersten Glühwein noch vor dem ersten Advent
|Gedacht| mal wieder erster Advent bereit im November
|Gefreut| darüber, dass der lokale Edeka einen Vorschlag ins Sortiment genommen hat (Landliebe Grießpudding Vollkorn)
|Gestaunt| wir haben es trotz der vielen Arbeit und Reisen diesen Monat tatsächlich geschafft, einen Weihnachtskalender zu basteln
|Gelernt| viele, eng getaktete Aufgaben kriegt man mit einem tollen Team wirklich gut weggearbeitet, dennoch geht es mehr an die Substanz als ruhige Projektphasen
|Gelacht| mit A&M
|Geärgert| über die Atmosphäre in einer deutschen Mensa bei Semesterbeginn, über das Wahlergebnis in den USA, über Rückenschmerzen
|Gekauft| neue Klamotten für den Winter (Jeans, Cardigan, Bluse, Rock und ein T-Shirt)
|Gewünscht| dass bald ein paar freie Tage kommen
|Geklickt| Online-Shopping-Seiten auf der Suche nach Winterklamotten und einem neuen Sofa

Wieder mal im Frankfurter Städel

Der Vorhang im Städel hebt sich immer wieder von Neuem. Vor allem geht der Bick heute auf Aspekte bei der Austellung von Skulpturen: Zum einen haben Skulpturen verschiedene Schauseiten und können daher verschiedene Eindrücke beim Betrachter gleichzeitig hervorrufen. Zum anderen leben Skulpturen (viel mehr als Gemälde) vom Licht, das auf die Oberfläche fällt und das je nach Werkstoff den Charakter ihrer Materialität (z. B. Masse/Leichtigkeit) bestimmt.

Neben dem Licht interagieren Skulpturen mit ihrer Umgebung, die mehr oder wenig Raum hergeben kann und teilweise erst durch den freien Himmel begrenzt ist. In Museen ist gerade die Nachbarschaft mit den Gemälden interessant. Der Bezug zwischen Skulptur und Gemälde im Raum kann mit der Kameralinse eingefangen werden. Im Folgenden ein paar Impressionen der Städel-Sammlung aus dem Juli 2016.

Bronze und Marmor begegnen der Leinwand:

Sünde, Unschuld und Verrat:

Und das Städel kann auch mit Neuerwebungen aufwarten: z. B. Franz Radziwills „Das rote Flugzeug“.

Wenn man zur Gegenwartskunst hinunter in den Keller steigt, betritt man den „White Cube“ des Städels. Nach der Theorie von Brian O’Doherty soll die Austellungsarchitektur soweit wie möglich in den Hintergrund treten, damit die ausgestellten Kunstwerke „neutral“ betrachtet werden können.

Der „White Cube“ ist teilweise mit Architekturelementen verbrämt:

Auch in der Gegenwartskunst treffen sich Skulptur und Malerei:

Skulptur und Malerei in Einem:

Zum Schluss noch reine, gegenständliche Malerei

Disclaimer: Alle Aufnahmen sind zu privaten Zwecken gemacht worden; das Städel bzw. der/die Künstler_in oder deren Vertreter_in hält weiterhin das Copyright des Abgebildeten.

Maya-Ausstellung im Martin-Gropius-Bau Berlin

Schönheit liegt in den Augen desjenigen, der sie zu schätzen weiß, und sie zu betrachten, verwandelt unsere Gefühle und veredelt unsere Kräfte. Sie ist eine konzeptuelle Wahrnehmung, die mit allen Aspekten des Lebens in Verbindung steht. Und die Kunst ist eine ihrer Ausdrucksformen, sie ist ihre Sprache.

So beginnt die Ausstellung „Die Maya – Sprache der Schönheit“, die vom 12. April bis zum 07. August 2016 im Berliner Gropius Bau zu sehen ist. Sie ist die momentan größte Ausstellung von Maya-Skulpturen, die außerhalb Mexikos zu sehen ist. Diese Ausstellung zeigt Werke aus allen Phasen der Maya-Hochkultur des 3. bis 10 Jahrhunderts, beschränkt sich jedoch auf das Gebiet der Halbinsel Yucatan, des heutigen Mexikos. Als die ersten spanischen Eroberer die Halbinsel im 16. Jahrhundert erreichten, war die Kultur längst untergegangen. Warum, ist bis heute nicht eindeutig geklärt.

Die Ausstellung bemüht sich, eine große Bandbreite von Zeiten, Stilen und Funktionen zu zeigen, welche sich in der Kunst der Maya abbilden. Die Ausstellungsmacher gliedern die Werke in fünf zentrale Bereiche, die jeweils 1-2 Räume des Gropius-Baus umfassen:

  1. Der Körper als Leinwand
  2. Der bekleidete Körper
  3. Die Sprache der Steine
  4. Das Tier als Ebenbild
  5. Die Sprache der Farben (Die Maya nutzten etwa 30)
  6. Die Körper der Götter

Der Körper als Leinwand war der für uns aufwühlendste Teil der Ausstellung. Die Skulpturen zeigen, welche Veränderungen die Maya am eigenen Körper vorgenommen haben, um ihre soziale Zugehörigkeit und kulturelle Identität zu zeigen, und welche Schönheitsideale ihre Vorstellungen durchdrangen. Zum Beispiel haben sie die Köpfe von Neugeborenen mit Brettern geformt, Pubertierenden die Zähne abgeschliffen und Löcher gebohrt, um darin Steine einzulegen, kleine Kinder mit Wachskügelchen auf Höhe der Nasenwurzel zum Schielen gebracht, sich tätowiert, vernarbt und ihre Ohrläppchen durchstochen.

Der zweite interessante Ausstellungsteil – die Sprache der Steine – widmet sich dem Schriftsystem der Maya, den Hieroglyphen oder Glyphen. Das Schriftsystem ist aufgrund des Kalligrafiestils und der Komplexität ihrer Abbildungen elegant und einzigartig zugleich. Das Geheimnis der Maya-Schrift liegt darin, dass sie Bilderschrift (wie im Chinesischen) und Lautschrift (wie in unserem Schriftsystem) kombiniert, so dass eine Hieroglyphe ein ganzes Wort bezeichnen kann. Mittlerweile sind über die Hälfte der rund 400 bekannten Maya-Glyphen entschlüsselt. Die Maya halten mit den Inschriften im Stein bedeutende Ereignisse ihrer Geschichte und Religion fest.

Weiterhin beschreibt die Ausstellung weitere folgende Besonderheiten der Mayas:

  • Selbstopfer
  • der Tod als Übergang (zur Wiedergeburt)
  • besiegte Krieger werden als Gefangene dargestellt
  • Vorstellung von fünf Himmelsrichtungen
  • Götter zeigen sich in Tiergestalt
  • way, der animalische Begleiter eines Menschens, in dem man sich in der Nacht verwandeln kann

So interessant und klug zusammengestellt die Ausstellungsstücke sind – in der Ausstellungskonzeption selbst fallen uns einige Schwächen auf. Die Ausstellungsstücke werden zu großen Teilen in Vitrinen gezeigt, die am Rande des jeweiligen Raums nebeneinander aufgereiht sind. Das führt zum einen dazu, dass sich nur eine Fläche wirklich als Präsentationsfläche genutzt werden kann und wir uns mit den weiteren Besuchern vor den Vitrinen stauen. Die eher kleinen Räume und sehr klein geschriebenen Erklärungstafeln an den Wänden tragen zudem zum Schlangestehen bei.

Gleichzeitig ist die Ausstellung sehr dicht, für die ersten vier Räume brauchen wir fast eine Stunde und im fünften Raum kommt erst die erste Sitzgelegenheit. Dass das für viele Besucher zu lange ist, merkt man daran, dass sie voll besetzt ist.

Die Nummern für den Audioguide stehen relativ klein in der Nähe des jeweils ausgestellten Stückes innerhalb der Vitrine. Sie sind nur durch zwei geschlossene Klammern  gekennzeichnet. Das macht es schwer, sich im gesamten Ausstellungsraum zu orientieren und schnell die Stücke zu finden, für die eine Erklärung auf dem Audioguide verfügbar ist. Auch kommen die Audio-Erklärungen fast gänzlich ohne übergreifende Hinweise, z.B. zur Rolle der Religion oder den einzelnen Phasen der Mayakunst aus. Das Display des Audioguides ist nicht beleuchtet, was die einzelnen Tracks in der abgedunkelten Ausstellung schwer zu lesen macht. Zudem gibt es keine Möglichkeit zurückzuspulen und sich schnell einzelne Erklärungsteile ein zweites Mal anzuhören. Zu einem Preis von 4 Euro, zusätzlich zum Eintritt, ist das ziemlich armselig. Da auch viel auf den Tafeln erklärt wird, lohnt sich der Audioguide aus unserer Sicht nicht so richtig.

Die Ausstellung kostet 11,- Euro Eintritt. Die drei weiteren, gezeigten Ausstellungen haben ähnliche Preise. Es gibt keine Kombitickets, was einen Eintrittspreis von 42,- Euro für den gesamten Gropuis-Bau entspricht. Das ist damit deutlich teurer als in anderen Häusern ähnlicher Größe.

Fotografieren war in der Ausstellung nicht erlaubt, daher gibt es hier nur Bilder von außen.

Haus der Kunst, München

Unsere erste Ausstellung in München führt uns ins Haus der Kunst (HDK) am südlichen Ende des Englischen Gartens. Dort wird noch den ganzen Sommer 2016 die Ausstellung „Eine Geschichte: Zeitgenössische Kunst aus dem Centre Pompidou“ gezeigt.

Der Bau wurde unter den Nationalsozialisten errichtet (als Haus der Deutschen Kunst) und diente als Schauplatz für die jährliche „Große Deutsche Kunstaustellung“. In der zentralen „Ehrenhalle“ wurden Reden zur deutschen Kulturpolitik gehalten. Kunstwerke an der Schaufassade des Gebäudes stehen heute mahnend für diese Zeiten. Gustav Metzger verweist in Travertin/Judenpech – eine 60 Quadratmeter große Asphaltschicht am Haupteingang  – anhand von Baumaterialen auf die Unterdrückung und Verfolgung von Juden im Dritten Reich. Christian Boltanski zeigt uns in Résistance die Augenpaare der antifaschistischen Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“. Und Mel Bochner dokumtiert mit The Joys of Yiddish am oberen Teil der Fassade den verbalen Trotz im jüdischen Ghetto.

Die Ausstellungsmacher setzen insgesamt sieben Schwerpunkte: der Künstler als Historiker, als Dokumentarist, als Archivar, als Produzent und weiter der Künstler und der Körper, der Künstler und das Objekt sowie schließlich Sonic Boom. Schwerpunktmäßig werden Werke der 1980er bis frühen 2000er Jahre gezeigt. Die Ausstellung wurde von Christine Macel zusammen mit Julienne Lorz kuratiert. Die Begleittexte stammen allesamt aus dem Centre Pompidou. Im Einführungstext heißt es zur Zielstellung der Ausstellung

„[…] untersucht diese Ausstellung nicht nur globale künstlerische Verfahrensweisen im Kontext einer Sammlung und über einen gewissen Zeitraum hinweg, sondern fördert im Grunde die Bedeutung der Gegenwartskunst für unsere Zeit zutage.“

Das klingt für meine Ohren ein wenig zu allgemein. Die Begleittexte – an den Wänden und im Booklet zu finden  –  lassen mich als wenig erfahrenen Besucher ein bisschen ratlos zurück. Bei einer Ausstellung dieses eher kleinen Umfangs – sowohl was die Anzahl der Werke wie auch die abgedeckte Zeitspanne angeht – bei sieben Perspektiven von Schwerpunkten zu sprechen erscheint mir viel. Aber wie ordnet man vernüftig eine solche Sammlung, verschiedenster Künstler aus verschiedenesten Ländern, von denen jeder nur mit einem, maximal zwei, Werken vertreten ist? Immerhin bekommt man einen Eindruck über die Vielfalt der kontemporären Kunst, die nicht nur von westlichen Künstlern geprägt wird.

Die Ausstellung selbst führt durch einen sehr großen Raum, der die zwei raumgreifensten Installationen beherbergt, und 11 kleinere Räume, die sich rund um den zentralen Ausstellungsraum gruppieren. Insgesamt kommen wir mit den drei Stunden Besuchszeit gut hin. Die Werke der Ausstellung, die uns besonders gefallen haben, sind allesamt auf den Fotos.

Das Haus der Kunst verfügt über ein ungewöhnlich schönes Café – sogar eine Bar – bei der die Nutzung des Wortes Museumscafé in die Irre führen würde. Die „Goldene Bar“ ist direkt aus den Ausstellungsräumen im Erdgeschoss zugänglich, aber auch von außerhalb und bietet Sitzgelegenheiten draußen und drinnen – mal eher mit Bar-, mal eher mit Kaffeehausatmosphäre. An diesem sonnigen Himmelfahrtstag verbindet sie die Besucher, die von den Wiesen am Eisbach für Kaffee und Kuchen herüber kommen und die Ausstellungsbesucher.

Und hier noch der Überblick über die beteiligten Künstler:

Raum 1, Der Künstler als Historiker: Annette Messager (Frankreich), Mes Vœux | Glenn Ligon (USA) | Michel Basquiat (USA), Slave Auction | Chéri Samba (Demokratische Republik Kongo),  Marche de soutien à la campagne sur le SIDA | Marlene Dumas (Südafrika) | Hans Haacke (Deutschland), MetroMobiltan

Raum 2: Fabrice Hyber (Frankreich) | Thomas Hirschhorn (Schweiz), Outgrowth | Samuel Fosso (Kamerun), La Femme américaine libérée des années 70 | Erik Bulatov (Russland), Printemps dans une maison de repos des travailleurs | Ayse Erkmen (Türkei) | Sara Rahbar (Iran), Flag | Fang Lijun (China), Untitled | Chen Zhen (China/Frankreich), Round Table | Christian Boltanski (Frankreich), Les archives de C.B. 1965-1988 | Zhang Huan (China), Family Tree | Wilfredo Prieto (Kuba), Avalanche

Raum 3, Der Künstler und der Körper:  Regina José Galindo (Guatemala), Perra | Georges Tony Stoll (Frankreich), Le tunnel (Moby Dick) | Santiago Sierra (Spanien) | Oleg Kulik (Ukraine), Mad Dog | Dan Perjovschi (Rumänien), Romania und Removing Romania | Sarah Lucas (UK), Nud Cycladic 5 | Nicholas Hlobo (Südafrika), Balindile II | Anne-Maria Schneider (Frankreich)

Raum 4, Der Künstler als Dokumentarist: Niva Pereg (Israel), Sabbath | Goncalo Mabunda (Mozambique), O trono de um mundo sem revoltas | Subodh Gupta (Indien), Sister | Ahmed Mater (Saudi Arabien), From the real to the symbolic city | Zanele Muholi (Südafrika) | Kendell Geers (Südafrika), T.W. (I.N.R.I) | Atul Dodiya (Indien), Charu

Raum 5, Der Künstler als Archivar: Rabih Mroué (Libanon) | Hassan Darsi (Marokko), The Model Project | Taysir Batniji (Palestina) | Akram Zaatari (Libanon) | Walid Raad (Libanon) | Yto Barrada (Frankreich), Untitled

Raum 6, Der Künstler und das Objekt: Fernanda Gomes (Brasilien), Untitled | Gabriel Orozco (Mexiko), La D.S. | Tobias Putrih (Slowenien), Times | Wolfgang Tillmans (Deutschland), Suzanne & Lutz, white dress, army skirt | Damián Ortega (Mexiko),  Molécula de glucosa expandida

Räume 7 und 8, Der Künstler als Produzent: Liam Gillick (UK), Revision/22nd Floor Wall Design | Dominique Gonzalez-Foerster (Frankreich) | Pipilotti Rist (Schweiz) | Carsten Höller (Belgien), Jenny | Pierre Huyghe (Frankreich) | Michel Francois (Belgien), Affiche Cactus | Tobias Rehberger (Deutschland), Die Außenseiterin und der große Bach

Raum 9, Sonic Boom: Rirkrit Tiravanija (Thailand) | Oliver Payne & Nick Relph (UK) | Gregor Hildebrandt (Deutschland) | Andreas Gursky (Deutschland), Madonna I | Destroy all Monsters (USA) | Robert Longo (USA), Men in the Cities

Raum 10, Der Künstler als Historiker: Roman Ondak (Slowakei), Common Trip | Mircea Cantor (Rumänien),  Tasca che punge (Itching pocket) | Paweł Althamer (Polen), Tecza (Rainbow) | Chris Marker (Frankreich), Détour, Ceaucescu | Edi Hila (Albanien)

Raum 11, Der Künstler als Historiker: Danh Vo (Vietnam/Dänemark), The Sea of Fertility

Raum 12, Der Künstler als Historiker: David Maljkovic (Kroatien), Petrit Halilaj (Kosovo), It is the first time dear that you have a human shape (spider) |  Maja Bajevic (Bosnien-Herzegowina), Women at Work — Under Construction | Mladen Stilinovic (Serbien)

 


Haus der Kunst
Prinzregentenstraße 1
80538 München

Tagesticket: 12,- Euro

Gemäldegalerie Alte Meister, Dresden

Letztens haben wir uns mal den frisch restaurierten Teil der Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden angeschaut. Die Gemäldegalerie ist in einem Flügel des Zwingers untergebracht, der von Gottfried Semper gestaltet wurde. Zur Einstimmung hatten wir deshalb zuvor im Restaurant des Dresdner Schauspielhauses, was einen großartigen Blick auf den Zwinger bietet, gegessen.

Vorne weg: Die Sammlung ist auf jeden Fall in der weltweiten Spitzenklasse angesiedelt (u. a. ablesbar an den mit großen Oh und Ah durch die Räume rauschenden Besuchergruppen aus Japan), allerdings hat uns die Präsentation nicht all zu sehr inspiriert. Die Hängung war zwar nach Zeit und Sujets gruppiert, es waren jedoch keine thematische Erläuterungen für die einzelnen Räume oder Bilder angebracht. Trotzdem hatten wir einigen Spaß die international bekannten Knaller der Sammlung zu entdecken oder Bilder aus Gs Jugenderinnerung.

Entstanden ist die Gemäldesammlung unter August dem Starken (1670-1733) und seinem Sohn Friedrich August II. vor allem durch den Kauf von Werken aus der Sammlung Francesco III., Herzog von Modena. Dies erklärt auch den Schwerpunkt der Dresdner Gemäldesammlung auf italienische Werke der Renaissance, des Manierismus und des Barocks.

Die folgenden Gemälde haben uns am besten gefallen. Wir haben keine Fotos gemacht, die hochauflösenden Bilder kann man wunderbar ergoogeln.

Der Marienaltar von Jan van Eyck (1437): Im mittleren Teil zeigt der Altar im weiten, roten Gewand die thronende Maria, die Jesus dem Erzengel Michael (mit bunten Flügeln) und dem Stifter präsentiert. Maria ist zwischen zwei Säulenreihen dargestellt, was die räumliche Plastizität der Szene verstärkt. Van Eyck ist für die Darstellung von Materialien berühmt. Hier sind es vor allem die Stoffe des Baldachins und der Teppiche sowie das Bodenmosaik, die trotz der geringen Größe des Mittelbildes (33,1 × 27,5 cm) detaillierte Muster zeigen. Altäre sind für die persönliche oder öffentliche Andacht angefertigt worden. Die Innenseiten wurden nur zu bestimmten Anlässen gezeigt. Die im zusammengeklappten Zustand zu sehende Außenseite des Altars zeigt die Verkündungsszene in Grisailletechnik (leider steht der Altar in Dresden nicht frei, so dass die Außenseite praktisch nicht zu sehen ist). Grisaille verwendet nur Weiß, Schwarz und Grau als Farben, wodurch van Eyck die Illusion (Tromp l’oeil) von Skulpturen erschafft. Im geschlossenen Zustand scheint der Altar also Teil der Wand geworden zu sein.

Raffaels Sixtinische Madonna (1512) ist der internationale Hit der Sammlung. Jeder kennt wohl die beiden Putten am unteren Bildrand, die schon seit dem 19. Jahrhundert separat vermarktet werden. Das Gemälde ist sehr prominent gehängt. An der Wand, die das Ende einer Gangflucht von mehreren Räume bildet, kann man es schon von Weitem immer wieder sehen. Die Darstellung Marias ist allerdings beeindruckend. Ihre nackten Füße berühren eine Wolke. Sie befindet sich also im Himmel (man kann bei genauem Hinschauen die himmlischen Heerscharen erkennen). Man kann sie durchaus als schön empfinden. Aber vor allem strahlt sie eine unvergleichliche Ruhe aus sowie eine Balance zwischen Standhaftigkeit (fest im Glauben) und Leichtigkeit (Milde des Glaubens). Insgesamt wirkt sie äußerst souverän. Unterstützt wird das sicherlich durch die Inszenierung: Raffael will uns zu verstehen geben, dass wir auf die Madonna blicken, nachdem gerade der schwere, grüne Vorhang weggezogen wurde. Das Gemälde ist übrigens im Auftrag des Papstes zur Feier des Sieges über die Franzosen entstanden. August III. hat es erwerben können, da die Besitzer eine Finanzierung für die Sanierung ihres Klosters benötigten. Neben den Putten sind noch zwei flankierende Personen dargestellt, die interessanterweise alle auf unterschiedliche Weise im (Blick-)Kontakt miteinander stehen und den Betrachter mit einbeziehen.

Giorgiones/Tizians Schlummernde Venus (1510) hat selbst heute noch eine stark erotische Wirkung. Ein nackte Frau liegt schlafend über die gesamte Bilddiagonale hinweg gestreckt, während die Hand auf ihrer Scham ruht. Sicherlich hilft es zur Kühlung des Gemüts (der Renaissance-Menschen), dass uns gesagt wird, eine Göttin – nicht irgendeine Frau – ruhe hier. Und es ist nicht irgendeine Göttin, sondern Venus, die Göttin der Schönheit. Gezeigtes und Benanntes sind also konform. Und trotzdem: so nackt in der (arkadischen) Landschaft, im recht realistisch gemalten Gras zu liegen. Ist das Leichtsinn oder göttliche Erhabenheit? Oder schläft sie gar nicht und lauert sogar? Und der Maler Giorgione hat wahrscheinlich seine Liebe zu einer Frau unsterblich machen wollen, in dem er ihr Portrait festhält – mit Baumstumpf als Symbol für das Leben und den Tod.

Correggios Heilige Nacht (1522/1530): Es ist Nacht und wir bestaunen das gerade im Stall geborene Jesuskind in den Armen seiner Mutter. Die Szenerie ist illuminiert mit hellem Licht, das Jesus bescheint. Oder geht das Licht doch von Jesus selbst aus und erhellt Marias Gesicht? Der Heiland als Sendbote, von dem alles Gute ausgehen wird wie Lichtstrahlen, welche auch die finsterste Nacht durchdringen. Jedenfalls können alle Beteiligten die Szenerie gut sehen: die Hirten, Magd, Joseph, die Tiere des Stalls und auch die Engel im Himmel, die sich von links oben ins Bild schieben. Aber wo sind die heiligen drei Könige aus dem Morgenland? Der Aufbau des Bildes ist jedenfalls auf Dramatik aus. In Dresden hängt das Gemälde weithin sichtbar am Ende einer Flucht von Räumen.

Brieflesendes Mädchen am offenen Fenster von Jan Vermeer (1657): Dessen Bilder erzählen immer eine Geschichte, deren Anfang und Ende von unserer Phantasie ergänzt werden muss. Der Titel beschreibt den dargestellten Moment. Und doch ist da mehr. Vordergründig ist eine Obstschale dargestellt, deren Inhalt sich teilweise auf den Tisch verteilt hat. Der Brief traf wohl überraschend ein. Jeder fragt sich, was in ihm steht und von wem er kommt. Oder ist das nicht wichtig und Vermeer wollte uns nur den ach zu alltäglichen Moment des Erhalts von Neuigkeiten darstellen? Immerhin fühlen wir uns der Szene sehr nah. Wir können den Stoff der Bettdecke fühlen und nehmen die Spiegelung im Fenster als Anwesende wahr. Und doch: wir wissen nicht, was sich hinter dem nicht ganz vorgezogenen Vorhang verbirgt. Und wir wissen nicht, was die Lesende sieht, wenn sie aus dem Fenster blickt – außer Hoffnung?

Rembrandt von Rijn, Selbstbildnis mit Saskia  (1635/38) oder Rembrandt und Saskia im Gleichnis vom verlorenen Sohn: Zum einen zeigt uns Rembrandt die Beziehung zu seiner Frau Saskia. Uns zugewandt können wir sehen, dass beide glücklich sind. Es liegt sogar etwas Frivolität in der Luft, da Rembrandt den Rock von Saskia vor unseren Augen hebt. Rembrandt erhebt sein Glas, um uns zuzuprosten. Die Stimmung kippt, wenn wir in den Hintergrund blicken. Dort sehen wir eine Fasanenpastete. Der Fasan ist ein Symbol für Schönheit aber auch für Stolz und Eitelkeit. Und so zeigt sich uns Rembrandt zum anderen als der verlorene Sohn der biblischen Erzählung. Der wird als Zweitgeborener vom Vater ausgezahlt und zieht in die Ferne. Dort gibt er all sein Geld aus. In diesem Moment befindet sich Rembrandt. Doch der verlorene Sohn kehrt zu seinem Vater zurück und wird glücklich wieder aufgenommen.

Jan Davidszoon De Heems Früchte neben einem Blumenglas (1670/72) sind ein typisches Beispiel für die Stillleben der niederländischen Malerei. Ganz in der Tradition van Eycks ist die materielle Beschaffenheit des Dargestellten äußerst genau wiedergegeben: Beispielsweise spiegelt sich im Blumenglas ein Fenster, und beschreibt somit gleichzeitig Spiegelung und Durchsichtigkeit als Charakteristika von Glas. Die Farbigkeit der Blumen wird verstärkt durch den Kontrast des fast völlig schwarzen Hintergrunds. Als zusätzlichen Effekt kann man alle Tiere suchen, die sich im Bouquet verstecken – ein klassisches Wimmelbild.

La belle chocolatière de Vienne (1743/45), bekannt als das Schokoladenmädchen, von Jean-Étienne Liotard ist offensichtlicherweise in Wien, in Pastelltechnik, entstanden. Vergleichbar mit Raffaels Putten ist das Bild zu einer wirtschaftlich genutzten Berühmtheit geworden. Nachdem ein amerikanischer Geschäftsmann auf der Durchreise das Bild zum Markenzeichen seines Kakaoprodukts gemacht hatte, sind ihm einige andere gefolgt, indem sie ähnliche Darstellungen von Mädchen mit einem Kakao auf einem Tablett für ihre Produkte nutzten.

Zum Schluß noch mal ein Kunsthit, mit dem Dresden verbunden wird. Es sind die Veduten von Bernardo Bellotto (aka Canaletto). Bellotto stammt aus Venedig (man sagt, dass das besondere Licht der Stadt, den Farbstil der Maler beeinflusst) und darf nicht mit seinem Onkel G. A. Canal verwechselt werden, der ebenfalls Canaletto genannt wird und Veduten von Venedig anfertigte. Bellotto stieg also in die Fußstapfen seines Onkels und lieferte für mehrere europäische Höfe, darunter Dresden, Wien, München und Warschau, Stadtansichten. Bellotto war Hofmaler in Dresden und konnte sich anhand der dort vorhandenen Gemäldesammlung weiterbilden. In Dresden wird anhand der Veduten besonders deutlich, was konservatorische Arbeit in Museen bedeuten kann. Die Gemälde sind fast vollständig ihrer Farbigkeit beraubt, da sie in einer Galerie unter starker Sonneneinstrahlung stehen. Die Zeiten überdauern wird aber sicherlich der „Canaletto-Blick“: Dresden vom rechten Elbufer unterhalb der Augustusbrücke… .

Ostern 2016

Früh aufgestanden. Mit dem Mietwagen unterwegs. Kurzer Stopp in Zwickau. Karfreitagmittag: der erste Spargel in diesem Jahr. Samstagsauflug nach Leipzig: Baumwollspinnerei, Eigen+Art, Ramen bei Umaii, Museum der Bildenden Künste, Eisbecher in der Pinguin Milchbar, Osterfeuer. Ostereiersuchen in der Sonne, dann sonntäglicher Osterkaffee bei Oma. Donauwelle, Aprikosenstreusel, Joghurt-Frucht-Torte. Wörlitzer Park. Back in Berlin.

 

Hamburger Bahnhof, Museum für Gegenwart, Berlin

Wir haben uns an einem dunklen Wintertag kontemporäre Kunst aus der Sammlung von Friedrich Christian Flick im Hamburger Bahnhof angeschaut.

Im zentralen Raum – der ehemaligen „Wartehalle“ – sind zwei Installationen ausgestellt: Zum einen Paul McCarthys Saloon Theater – Besucher betreten einen Holzbau, der in mehrere Räume unterteilt ist – in den Räumen werden Pornos an die Wände und Decken projeziert, die in der Szenerie von Cowboy-Filmen spielen – die Räume sind niedrig, containerartig – der Boden und die Wände sind schräg – Unwohlsein entwickelt sich schnell.

Zum anderen Richard Jacksons 5050 Stacked Paintings – Bilder befinden sich nicht (mehr) an der Wand sondern sind aufeinander gestapelt, und bilden als ansteigende Wände einen spiralförmigen Gang, der den Besucher zum Zentrum geleitet – die Leinwand wird zur Skulptur – jede Leinwand wurde vom Künstler selbst gefertigt – an einer Stelle findet sich ein hängengebliebener Arbeitshandschuh als Zeuge des Schaffensprozess.

In den anschließenden Hallen finden sich unter anderen diese Werke:

Jason Rhoades, A Few Free Years – in zwei Reihen aufgestellte dröhnende Spielautomaten durch einen schmalen Mittelgang getrennt – Erstaufstellung war 1998 in der Wiener Secession unterhalb des Beethovenfrieses von Gustav Klimt – an einem Baugerüst über den Automaten hängen Einzelteile der Reproduktion des Klimtwerks herum – die Installation spottet dem Freiheitsgehalt/-anspruch der Kunst („Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit“).

Dieter Roth/Björn Roth, Gartenskulptur – riesige, eine ganze Halle einnehmende Installation aus unter anderem Pflanzen, Elektronikgeräten, Lebensmitteln, Kleidungsstücken, die er über Jahre hinzufügte – Recycling und Verfall – Kunst als eines sich „fortwährend veränderndes, vergängliches organisches Gebilde“ (Urszula Usakowska-Wolff).

Thomas Schütte, The Laundry – Holzmodelle von Waschmaschinen und über Wäscheleinen gehängte Stoffe mit (Sinn-)Sprüchen – eine alltägliche Situation wird mit Bedeutung aufgeladen.

Katharina Fritsch, Messekoje mit vier Figuren –  religiöse Verehrung trifft auf Konsum –  Waren als quasi-religiöse Gegenstände oder der Glauben als etwas Veräußerbares.

Wolfgang Tillmanns, truth study centre – Kollage aus eigenen Fotos, Auszügen aus Zeitungen, Büchern und anderen Dingen, die auf Tischen gezeigt werden – ausgestellt ist die Macht absoluter Wahrheiten (Dogmen, Fundamentalismus, Ideologie)  – die Ansammlung des Materials lässt vielfältige inhaltliche Bezüge zu: Vielfältigkeit – politisch aktivistische Installation: Wahrheit wird an ihrem Absolutheitsanspruch getestet.

Rodney Graham, School of Velocity: in der Mitte steht ein Flügel, an den Wänden Blätter einer Partitur mit jeweils einer markierten Note – der Flügel spielt Carl Czernys Schule der Geläufigkeit op. 299 – der zeitliche Abstand zwischen den gespielten Noten wird immer größer: Entschleunigung.

Bruce Nauman, Room with My Soul Left Out, Room That Does Not Care –  begehbarer, dreidimensionaler Gang in Form eines Kreuzes – die Installation ist in einer nicht beheizten Halle aufgestellt – die Gänge sind schwach mit orangenen Neonlicht illuminiert – Bewegungen erzeugen blechernen Hall, da die Wände aus Stahl sind – Kälte, Akustik und Dunkelheit bestärken das beklemmende Gefühl.

Joseph Beuys, ich kenne kein Weekend – Reclam-Ausgabe der Kritik der reinen Vernuft von Kant und eine Flasche mit Maggiewürze: eines der vielen Multiples von Beuys -die beiden Objekte stehen in farblicher Korrespondenz (gelb und rot)  – hier im Museum unter Glas ausgestellt, teilweise aber auch im Aktenkoffer: sozusagen Picknickkoffer-  Bedeutungsassoziationen: geistige Würze/Grundnahrungsmittel, Ma(g)gie.

Joseph Beuys, Das Ende des XX. Jahrhunderts – im Raum verstreute Basaltblöcke – Trümmer/Knochen/Leichen – in jeden Basaltblock wurde ein konisches Loch gebort – der Bohrkern wird ausgegleitet mit Lehm und Filz zurückgelegt – Hoffnung durch die Erneuerung eines Teiles.

Joseph Beuys, Unschlitt/Tallow – Fettblöcke, die den toten Raum ausfüllen, der beim Bau einer Fußgängerbrücke in Münster enstanden ist – Fett als essentieller Stoff des Lebens, energiespeichernd und energiespendend, je nach Umgebungstemperatur fest oder flüssig.