Gerhard Richter beim Auftrag der Farben auf die Leinwand, mit Borstenpinsel oder Kunststoffleisten. Gerhard Richter beim Besichtigen der Austellungsräume. Assistenten beim Mischen von Farben. Assistenten bei der Konzeption der Austellung. Das Geräusch des mit Farbe getränkten Borstenpinsel auf der Leinwand, das Raunen, wenn die Kunststoffleiste über die Leinwand gezogen wird. Gerhard Richter denkt nach. Gerhard Richter verändert Bilder. Gerhard Richter hält eine Pressekonferenz. Gerhard Richter im Gespräch mit Benjamin Buchloh: „Malen ohne Plan, aber zu wissen, wann es richtig ist.“
Meditative Anschauung künstlerischer Arbeit, in gewisser Weise die Entmystifizierung des Künstlers und die Erkenntnis: Der ist reich, der machen kann, was er will, der mit seinem Ausdrucksvermögen und seiner Stellung in der Welt zufrieden ist. Was können wir daraus lernen? Zumindest, dass es diesen Olymp gibt; den Weg dorthin aber kennen wir nicht.
Der Vorhang im Städel hebt sich immer wieder von Neuem. Vor allem geht der Bick heute auf Aspekte bei der Austellung von Skulpturen: Zum einen haben Skulpturen verschiedene Schauseiten und können daher verschiedene Eindrücke beim Betrachter gleichzeitig hervorrufen. Zum anderen leben Skulpturen (viel mehr als Gemälde) vom Licht, das auf die Oberfläche fällt und das je nach Werkstoff den Charakter ihrer Materialität (z. B. Masse/Leichtigkeit) bestimmt.
Neben dem Licht interagieren Skulpturen mit ihrer Umgebung, die mehr oder wenig Raum hergeben kann und teilweise erst durch den freien Himmel begrenzt ist. In Museen ist gerade die Nachbarschaft mit den Gemälden interessant. Der Bezug zwischen Skulptur und Gemälde im Raum kann mit der Kameralinse eingefangen werden. Im Folgenden ein paar Impressionen der Städel-Sammlung aus dem Juli 2016.
Bronze und Marmor begegnen der Leinwand:
Leben und Landschaft: Antonio Rosettis „Esmeralda mit der Ziege“ und Johann H. W. Tischbeins „Goethe in der Campagna“
Vielleicht zeigt Esmeralda auch der Ziege den Ausbruch des Vesuvs von Johan C. C. Dahl
Tanz und Impression: Edgar Degas‘ „Große Tänzerin“ vor Max Liebermanns „Freistunde im Amsterdamer Waisenheim“
Und Edgar Degas „Kleine Tänzerin“ tanzt vor Alfred Sisleys „Seine-Ufer im Herbst“
Constantin Meuniers Pferd an der Tränke vor der „Villa am Meer“ von Arnold Böcklin
Existenzialistisches: Max Beckmanns „Adam und Eva“ und „Der Zirkuswagen“
Symbolischer Ausdruck: Wilhelm Lehmbrücks „Sitzender Jüngling“ und Puvis de Chavannes „Die heilige Maria Magdalena in der Wüste“
„Die Mondspargel“ von Max Ernst neben dem „Hotelflur“ von August Chabaud
Sünde, Unschuld und Verrat:
Franz von Stuck „Adam und Eva“
Paul Klee „Das Lamm“
Max Liebermann „Simson und Delila“
Und das Städel kann auch mit Neuerwebungen aufwarten: z. B. Franz Radziwills „Das rote Flugzeug“.
Franz Radziwills „Das rote Flugzeug“
„Die Woge“ von Gustave Courbet
Otto Freundlichs „Ascension“ mit Marc Chagalls „Der heilige Drosckenkutscher“
Otto Freundlich „Ascension“ im Lichtglanz
Wenn man zur Gegenwartskunst hinunter in den Keller steigt, betritt man den „White Cube“ des Städels. Nach der Theorie von Brian O’Doherty soll die Austellungsarchitektur soweit wie möglich in den Hintergrund treten, damit die ausgestellten Kunstwerke „neutral“ betrachtet werden können.
Blick in den „White Cube“ Des Städels
Alexander Calder „Squelette avec disc rouge“ und Rupprecht Geiger „E 222“
Alexander Calder „Squelette avec disc rouge“ und Otto Freundlich „Composition“
Unter den Lichtwolken des Städelhimmels: Thomas Bayrle „Glücksklee-Dose“ und Blinky Palermo „Stoffbild“
Isa Genzken „Wind I (David)“, Dike Blair „That and this“, Niele Toroni „Empreinte de pinceau no. 50 répétées à intervalles réguiers (30cm)“ und Daniel Buren „Les Portes“
Werke von Peter Kogler, Rosemarie Trockel, John M Armleder und „Spectrum“ von Tony Cragg
Raumflucht mit Thomas Bayrles „Die Stadt“ am Anfang und Neo Rauchs „Stern“ am Ende
Der „White Cube“ ist teilweise mit Architekturelementen verbrämt:
Architekturelemente im „White cube“
Daniel Buren „Les Portes“ mit Bernard Frizes „43% vrai, 46% faux“
Daniel Buren „Les Portes“
Michael Beutler „Zwei Bögen“ mit Eberhard Havekosts „Benutzeroberfläche I“ im Hintergrund
Corinne Wasmuhts „Barrier“ unter den zwei Bögen von Michael Beutler
Auch in der Gegenwartskunst treffen sich Skulptur und Malerei:
Leni Hoffmann „sansibar“ mit Imi Knoebel
Leni Hoffmann „sansibar“ mit Arthur Köpcke „piece for realization“
Antonius Höckelmann „Zweifinger“ mit Fritz Winters “ Die Orgel“ im Hintergrund
Antonius Höckelmann „Zweifinger“ mit Emil Schumachers „Salangan“ und Karl Otto Götz
Antonius Höckelmann „Kranbaum“ zwischen Ernst Wilhelm Nays „Himmelsrichtung“ und „Rotklang“
Skulptur von Antonius Höckelmann mit Bernard Schultzes „Endymion“
A. R. Pencks „Köln-Antidom“ umgeben von Walter Dahn und Martin Kippenberger
A. R. Pencks „Köln-Antidom“ flankiert von Georg Baselitzs „Das Stilleben und hockender Akt“ und „Adler“
Joseph Beuys „Bergkönig“ zu Füßen von Anselm Kiefers „Wege der Weltweisheit: Die Hermannsschlacht“ …
… und Anselm Kiefers „Die Argonauten“
Gesamtkunstwerk von Jörg Immendorf: „Aktiv und Passiv“, „Situation“ und „Position“
Henri Laurens „La Grand Baigneuse“ mit Marwan und Eugen Schönebeck und…
… mit Eugen Schönebecks „Lenin II“ und Antonio Sauras „Cuenca“
Skulptur und Malerei in Einem:
William Kentridge „Fly“
Bemalte Skulptur: Jessica Stockholders „#358“
Erwin Wurm
Toilettenbürsten aus dem MoMA: Haim Steinbachs „Security and Serenity #1“
Lichttresor zum Begehen: James Turell „Paluka“
Relief: Isa Genzkens „Wild I (David)“
Zum Schluss noch reine, gegenständliche Malerei
Bettina von Arnim „Close Cycle Man“
Bettina von Arnim „Hosenträger“
Konrad Klapheck „Der Gesetzgeber“
Disclaimer: Alle Aufnahmen sind zu privaten Zwecken gemacht worden; das Städel bzw. der/die Künstler_in oder deren Vertreter_in hält weiterhin das Copyright des Abgebildeten.
Unsere erste Ausstellung in München führt uns ins Haus der Kunst (HDK) am südlichen Ende des Englischen Gartens. Dort wird noch den ganzen Sommer 2016 die Ausstellung „Eine Geschichte: Zeitgenössische Kunst aus dem Centre Pompidou“ gezeigt.
Monumental-Monströse Architektur: In den Gängen des HDK wird man zum Zwerg und bestaunt den Marmor
Installation von Laure Prouvost in der „Ehrenhalle“ des HDK: Der Tegernseer Marmor wölbt sich
Der Bau wurde unter den Nationalsozialisten errichtet (als Haus der Deutschen Kunst) und diente als Schauplatz für die jährliche „Große Deutsche Kunstaustellung“. In der zentralen „Ehrenhalle“ wurden Reden zur deutschen Kulturpolitik gehalten. Kunstwerke an der Schaufassade des Gebäudes stehen heute mahnend für diese Zeiten. Gustav Metzger verweist in Travertin/Judenpech – eine 60 Quadratmeter große Asphaltschicht am Haupteingang – anhand von Baumaterialen auf die Unterdrückung und Verfolgung von Juden im Dritten Reich. Christian Boltanski zeigt uns in Résistance die Augenpaare der antifaschistischen Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“. Und Mel Bochner dokumtiert mit The Joys of Yiddish am oberen Teil der Fassade den verbalen Trotz im jüdischen Ghetto.
Blick in den zentralen Raum der Schau im HDK
Chen Zhen: Round Table – am runden Tisch kann nicht Platz genommen werden
Christian Boltanski: Les archives de C.B. 1965-1988 – ist archivieren möglich? Persönliches, halb öffentliches Archiv des Künstlers
Wilfredo Prieto: Avalanche – Die Lawine beginnt in jedem Augenblick
Bei solchen Durchgängen wirkt jede Installation eingeschüchtert
Die Ausstellungsmacher setzen insgesamt sieben Schwerpunkte: der Künstler als Historiker, als Dokumentarist, als Archivar, als Produzent und weiter der Künstler und der Körper, der Künstler und das Objekt sowie schließlich Sonic Boom. Schwerpunktmäßig werden Werke der 1980er bis frühen 2000er Jahre gezeigt. Die Ausstellung wurde von Christine Macel zusammen mit Julienne Lorz kuratiert. Die Begleittexte stammen allesamt aus dem Centre Pompidou. Im Einführungstext heißt es zur Zielstellung der Ausstellung
„[…] untersucht diese Ausstellung nicht nur globale künstlerische Verfahrensweisen im Kontext einer Sammlung und über einen gewissen Zeitraum hinweg, sondern fördert im Grunde die Bedeutung der Gegenwartskunst für unsere Zeit zutage.“
Blick in die Ausstellung im HDK bestehend aus Werken der Centre Pompidou Sammlung
Damian Ortega: Molécula de glucosa expandida
„Reproduktion“: Das Zuckermolekül baut sich aus Kronkorken von Limonadenflaschen auf
Das klingt für meine Ohren ein wenig zu allgemein. Die Begleittexte – an den Wänden und im Booklet zu finden – lassen mich als wenig erfahrenen Besucher ein bisschen ratlos zurück. Bei einer Ausstellung dieses eher kleinen Umfangs – sowohl was die Anzahl der Werke wie auch die abgedeckte Zeitspanne angeht – bei sieben Perspektiven von Schwerpunkten zu sprechen erscheint mir viel. Aber wie ordnet man vernüftig eine solche Sammlung, verschiedenster Künstler aus verschiedenesten Ländern, von denen jeder nur mit einem, maximal zwei, Werken vertreten ist? Immerhin bekommt man einen Eindruck über die Vielfalt der kontemporären Kunst, die nicht nur von westlichen Künstlern geprägt wird.
Die Ausstellung selbst führt durch einen sehr großen Raum, der die zwei raumgreifensten Installationen beherbergt, und 11 kleinere Räume, die sich rund um den zentralen Ausstellungsraum gruppieren. Insgesamt kommen wir mit den drei Stunden Besuchszeit gut hin. Die Werke der Ausstellung, die uns besonders gefallen haben, sind allesamt auf den Fotos.
Gabriel Orozco: La D.S.
Die DS ist allerdings nur ein Zweisitzer…
Fernanda Gomes, untitled – minimalistisches Objekt aus in Rio de Janeiro gefundenem Material
Danh Vo: The Sea of Fertility – älteste Darstellung Jesu im Passport Dänemarks
Robert Longo: Men in the Cities
Petrit Halilaj: It is the first time dear that you have a human shape (spider) – In riesiger Dimension die Brosche der Mutter, die bei der Flucht verloren ging
Tobias Rehberger: Außenseiterin und großer Bach
Das Haus der Kunst verfügt über ein ungewöhnlich schönes Café – sogar eine Bar – bei der die Nutzung des Wortes Museumscafé in die Irre führen würde. Die „Goldene Bar“ ist direkt aus den Ausstellungsräumen im Erdgeschoss zugänglich, aber auch von außerhalb und bietet Sitzgelegenheiten draußen und drinnen – mal eher mit Bar-, mal eher mit Kaffeehausatmosphäre. An diesem sonnigen Himmelfahrtstag verbindet sie die Besucher, die von den Wiesen am Eisbach für Kaffee und Kuchen herüber kommen und die Ausstellungsbesucher.
Kuchen und Kaffee in der Goldenen Bar im HDK München.
Spezi in der Goldenen Bar im HDK München.
Und hier noch der Überblick über die beteiligten Künstler:
Raum 1, Der Künstler als Historiker: Annette Messager (Frankreich), Mes Vœux | Glenn Ligon (USA) | Michel Basquiat (USA), Slave Auction | Chéri Samba (Demokratische Republik Kongo), Marche de soutien à la campagne sur le SIDA | Marlene Dumas (Südafrika) | Hans Haacke (Deutschland), MetroMobiltan
Raum 2: Fabrice Hyber (Frankreich) | Thomas Hirschhorn (Schweiz), Outgrowth | Samuel Fosso (Kamerun), La Femme américaine libérée des années 70 | Erik Bulatov (Russland), Printemps dans une maison de repos des travailleurs | Ayse Erkmen (Türkei) | Sara Rahbar (Iran), Flag | Fang Lijun (China), Untitled | Chen Zhen (China/Frankreich), Round Table | Christian Boltanski (Frankreich), Les archives de C.B. 1965-1988 | Zhang Huan (China), Family Tree | Wilfredo Prieto (Kuba), Avalanche
Raum 3, Der Künstler und der Körper: Regina José Galindo (Guatemala), Perra | Georges Tony Stoll (Frankreich), Le tunnel (Moby Dick) | Santiago Sierra (Spanien) | Oleg Kulik (Ukraine), Mad Dog | Dan Perjovschi (Rumänien), Romania und Removing Romania | Sarah Lucas (UK), Nud Cycladic 5 | Nicholas Hlobo (Südafrika), Balindile II | Anne-Maria Schneider (Frankreich)
Raum 4, Der Künstler als Dokumentarist: Niva Pereg (Israel), Sabbath | Goncalo Mabunda (Mozambique), O trono de um mundo sem revoltas | Subodh Gupta (Indien), Sister | Ahmed Mater (Saudi Arabien), From the real to the symbolic city | Zanele Muholi (Südafrika) | Kendell Geers (Südafrika), T.W. (I.N.R.I) | Atul Dodiya (Indien), Charu
Raum 5, Der Künstler als Archivar: Rabih Mroué (Libanon) | Hassan Darsi (Marokko), The Model Project | Taysir Batniji (Palestina) | Akram Zaatari (Libanon) | Walid Raad (Libanon) | Yto Barrada (Frankreich), Untitled
Raum 6, Der Künstler und das Objekt: Fernanda Gomes (Brasilien), Untitled | Gabriel Orozco (Mexiko), La D.S. | Tobias Putrih (Slowenien), Times | Wolfgang Tillmans (Deutschland), Suzanne & Lutz, white dress, army skirt | Damián Ortega (Mexiko), Molécula de glucosa expandida
Räume 7 und 8, Der Künstler als Produzent: Liam Gillick (UK), Revision/22nd Floor Wall Design | Dominique Gonzalez-Foerster (Frankreich) | Pipilotti Rist (Schweiz) | Carsten Höller (Belgien), Jenny | Pierre Huyghe (Frankreich) | Michel Francois (Belgien), Affiche Cactus | Tobias Rehberger (Deutschland), Die Außenseiterin und der große Bach
Raum 9, Sonic Boom: Rirkrit Tiravanija (Thailand) | Oliver Payne & Nick Relph (UK) | Gregor Hildebrandt (Deutschland) | Andreas Gursky (Deutschland), Madonna I | Destroy all Monsters (USA) | Robert Longo (USA), Men in the Cities
Raum 10, Der Künstler als Historiker: Roman Ondak (Slowakei), Common Trip | Mircea Cantor (Rumänien), Tasca che punge (Itching pocket) | Paweł Althamer (Polen), Tecza (Rainbow) | Chris Marker (Frankreich), Détour, Ceaucescu | Edi Hila (Albanien)
Raum 11, Der Künstler als Historiker: Danh Vo (Vietnam/Dänemark), The Sea of Fertility
Raum 12, Der Künstler als Historiker: David Maljkovic (Kroatien), Petrit Halilaj (Kosovo), It is the first time dear that you have a human shape (spider) | Maja Bajevic (Bosnien-Herzegowina), Women at Work — Under Construction | Mladen Stilinovic (Serbien)
Haus der Kunst
Prinzregentenstraße 1
80538 München
Tagesticket: 12,- Euro
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