Rutscht gut ins neue Jahr

Jetzt ist es schon fast soweit. Mit dem Blick über den Rhein am heutigen Nachmittag wünschen wir euch eine schöne Silvesternacht. Der Rhein bietet Nebel und Raureif, ein Anblick wie eine Mischung aus Hiroshi Sugimoto und Andreas Gursky.

Draußen böllert und knallt es bereits heftig, die ersten Autoalarmanlagen sind schon losgegangen. Drinnen leuchtet der Weihnachtsficus. Das letzte Abendessen des Jahres war Cime di Rapa mit Orecchiette und Parmigiano.

Wir sehen uns im nächsten Jahr.

Boston Tag 3 – Harvard, Beacon Hill, Boston Library, Worcester

Und auch am nächsten morgen sind wir wieder früh wach. Da wir unsere Räder noch bis halb elf nutzen können und im Hostel erst um elf auschecken müssen, entschließen wir uns zu einem schnellen Frühstück und anschließender Radtour am Fluss entlang nach Harvard. Der Radweg selbst liegt zwar am Fluss, aber eben auch neben der Autobahn. Wir müssen nicht mit anderen die Straße teilen, in der morgendlichen Rush-Hour ist es aber dennoch kein super entspanntes Radeln sondern vor allem laut. Gegen zwanzig nach neun taucht der Harvard Campus auf der anderen Flussseite auf. Und wie im Film sehen wir auch gleich die ersten Ruderer beim Training, Damen- und Herren-Achter und Vierer. Es ist wie im Film.

Wir überqueren den Fluss, lassen den Campus diesmal aus, und fahren auf der anderen Flussseite zurück in Richtung Stadt. Nach einem falschen Abzweig und kleinen Schlenker durch Fenway müssen wir uns nun langsam beeilen, um die Räder rechtzeitig zurückzubringen und auszuchecken. Aber zwei Doughnuts müssen noch mit.

Wir lassen die Taschen im Hotel und verbringen den Rest des Tages zu Fuß in der Stadt. Wir spazieren durch Beacon Hill, Back Bay und schauen uns den Copley Square an. Anschließend folgen wir Aarons Tipp und schauen uns die Boston Library an. Einmal pro Tag wird eine Führung angeboten, da diese heute aber bereits um 11.00 Uhr war, nehmen wir uns die Räume selbst vor. Besonders der Innenhof mit Springbrunnen und der große Lesesaal im ersten Stock sind einen Blick wert. Überall herrscht geschäftige Ruhe, genauso wie in der Bib zu Uni-Zeiten.

 

 

Nach einem schnellen Sandwich machen wir uns auf den Rückweg zum Hotel. Wir treffen unsere kanadischen Mitbewohner ein letztes Mal, holen unsere Koffer und machen uns zum Mietwagenverleih auf. Erwartungsvoll, welches Auto wir wohl bekommen, stehen wir am Schalter. Der Alamo-Mitarbeiter sucht unsere Reservierung, findet nichts. Fragt nach Ms Namen und findet wieder nichts. Schreibt meinen Namen von der Reservierungsbestätigung ab, kein Treffer. Und dann fällt es auf: Der Mitwagen ist nicht für heute, sondern schon für gestern reserviert gewesen. Oh nein, in drei Stunden wollen wir in Worcester sein und jetzt haben wir kein Auto reserviert. Es lässt sich nicht mehr nachvollziehen, wie die Verwechslung im Datum zustande kam, aber durch einen Kniff, kann der hilfsbereite Mann am Counter die Reservierung doch noch aufrufen. Es gibt noch Autos, allerdings nur größere als bestellt. Wir zahlen also den Aufpreis, froh, dass die Miete doch noch klappt und brausen mit einem Nissan Altima aus dem Parkhaus.

Anstelle der mautpflichtigen Autobahn nehmen wir die alte Poststraße (Route 20) nach Worcester. Es ist Feierabendverkehr und es geht nur langsam voran. Aber stetig bewegen wir uns aus dem Bostoner Großraum und hinein in die Vororte. Bis Worcester wird es kaum richtig ländlich, so dicht ist die Gegend besiedelt. Kurz nach sieben treffen wir am Hotel ein. Gerade rechtzeitig, um die anderen Hochzeitsgäste kennenzulernen und zum Abendessen zu gehen. Wir entscheiden uns für Steak und das 111 Chop House in Worcester. Eine sehr gute Wahl, denn – obwohl wir es uns schon für Boston vorgenommen hatten – sind wir bisher noch nicht essen gegangen.

01.05.2015

 

Boston Tag 1 – Ankunft

Wir haben zwei Plätze in der Mitte des Flugzeug, also keinen Bick aus dem Fenster bei Start oder Landung. Dafür sowohl Beinfreiheit am Gang als auch neben mir, da der Platz nicht belegt ist. Die Flugzeit verkürzen wir uns mit Filmen. Ich suche mir „Wild“ und „Mein Name ist Samba“ aus, M schaut sich „Inherent Vice“ und „Birdman“ an. Auch essenstechnisch waren wir diesmal weniger vorbereitet, als beim letzten Flug. Kein Proviant eingepackt, keine Sondermahlzeit bestellt. Aber Pasta mit Pesto und Hähnchen mit Reis erfüllten ihren Zweck.

Um kurz nach zwei Ortszeit landen wir in Boston. Bedeckt mit sonnigen Lücken, leichter Wind. Mit uns landen ein Flieger aus London Heathrow und eine Emirates Maschine. Bei der Schlange für den Pass-Stempel wird schnell klar, dass wir uns mit unseren Visa in der Mehrheit der Weltbevölkerung befinden. Wahrscheinlich sind Länder, die am Visa Waiver Programm teilnehmen (und damit überhaupt ESTA Formulare zum visumfreien Reisen ausstellen), deutlich in der Minderheit. Die Anzahl der Immigration Officers, die Reisende mit Visa abfertigten, sind es jedoch auch. Und so warten wir über eine Stunde, bis wir uns erneut um die Einreise in die USA bewerben und diese auch genehmigt bekommen.

Die verbleibenden Koffer sind schon vom Band geräumt worden, unsere sind zum Glück noch dabei. Dann heißt es für den Zoll nochmals anstellen, wieder 200 m Schlange in drei Schleifen. Aber diesmal geht es deutlich schneller. Halb vier stehen wir vorm Flughafen. Geld holen und dann die Anlegestelle für die Fähren, die hier zum öffentlichen Nahverkehr gehören, und Wassertaxis finden. Wir haben uns vorgenommen, in Boston einzureisen wie die ersten Siedler und statt der U-Bahn das Boot zu nehmen.

 

Der Shuttle-Bus 66 fährt gerade vor das Gebäude und bringt uns in guten 10 Minuten zur Waterfront. Weit und breit keine Fähre zu sehen. Ein kleines Wassertaxi mit einer sehr netten Kapitänin wartet auf Kundschaft. Mit uns ist ein Bostoner unterwegs, der diesen Weg nimmt, um nach Hause zu kommen. Wir steigen ein, die 12,- Dollar Fahrpreis sind es uns wert. Im Sonnenschein nähern wir uns der Stadt. Unser freundlicher Mitfahrer erzählt uns die wichtigsten Dinge: links die Gebäude an der Wasserseite seien alle noch keine drei Jahre alt, daneben der Federal Court in dem vor knapp drei Wochen der Attentäter des Anschlags auf den Boston-Marathon im April 2013 verurteilt wurde und wo nun noch die Entscheidung zur Höhe des Strafmaßes getroffen werden muss.

Das Wassertaxi entlässt uns am Independence Wharf (früher Criffins Wharf) und damit am besten Platz, für einen kurzen Spaziergang durch die Stadt, bevor wir unsere Koffer im Hostel abgeben. Wir laufen auf den ersten Stücken des Freedom Trail, sehen Old State House, Capitol, Boston Common und schon große Teile der Altstadt. Das erste Essen ist Fast Food, bei Pret-a-Manger erstehen wir ein Baguette mit Roastbeef und ein Avocado-Sandwich. Wir picknicken auf einer Bank im Park, bevor wir die letzten Meter in Richtung Theatre District und Hostel laufen.

Wir beziehen unser Zimmer im Hostel und entschließen uns, den Abend im Boston Museum of Fine Arts zu verbringen, in dem man Mittwochs ab vier freien Eintritt hat. Sehr lange halten wir jedoch nicht durch, dann treibt uns die Müdigkeit ins Bett.

29.04.2015

Kosmopolitisches San Francisco

Am Wochenende war ich mal wieder in der Stadt unterwegs. Als erstes führte mich mein Weg den Nob Hill hinauf. Dort oben haben sich die Big 4 (die vier Eisenbahnbarone) im 19. Jahrhundert niedergelassen. Der Snob kann sich auch heute hier oben noch wohl fühlen: Thront dort doch der Pacific-Union Club, ein über hundert Jahre alter elitärer Treffpunkt für den feinen Herrn, der gleich gegenüber auch angemessen im monumentalen Palast des Mark Hopkins Hotel oder im altehrwürdigen The Fairmont  (hier hatten sich die meisten der Delegierten für die Gründungsversammlung der Vereinten Nationen gebettet) logieren kann. Will er es etwas geheimbündlerischer, kann er zur anderen Seite hin auch bei der Freimaurer-Zentrale von Kalifornien vorbeischauen.

Getrennt vom Pacific-Union Club durch einen kleinen Park streckt sich eine beträchtliche Reminiszenz zur europäischen Kultur in die Höhe. Die Grace Cathedral erinnert mit ihrer Fassade stark an Notre Dame in Paris – allerdings haben sie die Kirche hier in der neuen Welt einfach in die entgegengesetzte Richtung gebaut, so dass man nicht von einem klassischen Westwerk sondern von einem „Ostwerk“ sprechen muss. Sei’s drum: Innen entfaltet sich jedenfalls der gotische Gedanke in schönster Weise: Der Blick im hallenartigen Raum führt direkt weiter zum himmlischen Reich und das göttliche Licht flutet in allen Farben durch die Buntglasfenster. Schön wie hier amerikanische und europäische (gotische) Inszenatorik eins sind.

Weiter ging es Richtung Osten. Um die Ecke rum und ich befand mich in einer Demonstration. Europa wirft bis San Francisco seinen politischen Schatten. Pro-oppositionelle Ukrainer tun ihren Unmut über Janukowitsch vor dem deutschen Generalkonsulat kund. Leider verstehe ich nichts, denn Sprechchöre, Reden und auch Gesang sind auf Ukrainisch. Weiter gen Osten stolpere ich dann noch ins chinesische Neujahrsfest: Unglaubliche Menschenmassen in der Grant Avenue; fast nur Chinesen (oder auch andere Asiaten?) schieben sich an unzähligen Ständen vorbei. Zur Feier des Tages finde ich Überwindung, mir Dim Sum als Imbiss zu gönnen.

Rund um den Union Square

Gestern haben wir einen kleinen Spaziergang durch die Innenstadt gemacht. Meike Winnemuths Empfehlungen folgend sind wir rund um den Union Square spaziert und haben uns ein paar der Häuser von außen und innen angeschaut. M wollte vor allem die Schauplätze sehen, die irgendwas mit dem Autor Dashiell Hammett und Privatdedektiv Sam Spade, der Hauptfigur in dessen bekanntem Roman „Der Maltester Falke“ zu tun haben. Sowohl den Film „The Maltese Falcon“ als auch „Hammett“ (von Wim Wenders) hatte er diese Woche angeschaut, als er krank im Bett lag.

Los ging es in der Sansome Street 400, in der sich bis 1983 das Gebäude der Federal Reserve Bank of San Francisco befunden hat. Die Bank ist zur Market Street umgezogen und nun befinden sich Büros in dem Gebäude mit den ionischen Säulen. Weiter ging es durch die vier Teilgebäude des Embarcardero Building hinüber zum Ferry Building. Dort haben wir den Eisläufern unter Palmen zugesehen (total verrückt) und eine kurze Mittagspause eingelegt. Entsprechend des Tagesmottos haben wir unseren Kaffee natürlich auf den Namen „Sam“ bestellt.  Satt und ausreichend koffeiniert sind wir in Richtung Union Square losgezogen.

Unser erster Stopp war die Xanadu Gallery in der Maiden Lane 140. Diese befindet sich in einer mit kleinen Eisentoren geschützten Seitenstraße und von außen deutet nicht viel darauf hin, dass hier teure und verdammt alte asiatische Kunst verkauft wird. Wir haben Stücke gesehen, deren Preisschilder über eine Million Dollar auswiesen und die mehr als tausend Jahre alt waren. Sehenswert ist die Galerie aber vor allem wegen ihrer Architektur. Der V.C. Morris Gift Shop, wie das Gebäude offiziell heißt, wurde von Frank Lloyd Wright 1948 entworfen. Der Rundaufgang im Inneren diente ihm als Vorstudie für seinen deutlich bekannteren Rundaufgang im 1952 entstandenen Guggenheim Museum in Manhatten/New York.  Das weiß hier anscheinend aber fast keiner und dementsprechend war  – trotz des belebten Samstags –  sehr wenig los.

Unsere nächste Station war das Hochhaus in der Sutter Street 450, das aufgrund seiner Art Deco Austattung im Stil der Maya sogar einen eigenen Wikipedia-Eintrag hat. Hier kann man silberne Deckengewölbe des Architekten Timothy L. Pflueger im Foyer bewundern – und auf der Namensübersicht direkt neben dem Eingang lesen, wie viele Ärzte und Anwälte in so ein Hochhaus passen, die diese Decke jeden Morgen beim Gang zum Fahrstuhl bewundern können.

Als nächstes wandeln wir auf den Spuren von Dashiell Hammett. An der Ecke Hyde Street und Post Street finden wir das Haus, in dem er einige Jahre gelebt hat. Die große Plakette an der Hauswand macht langes Suchen überflüssig. Und auf der Ellis Street, befindet sich das Restaurant John’s Grill, in der die Romanfigur Sam Spade einmal isst. Das reicht aus, um es gleichzeitig zum Sitz der Dashiell Hammett Gesellschaft zu machen.

Zum Abschluss gibt es noch ein wenig Hotel- und Kaufhausarchitektur zu bestaunen. Zunächst das Restaurant Grand Café im Hotel Monaco, das zur Jahrhundertwende mal ein Ballsaal war und dessen Art Deco Elemente noch gut erhalten sind. Im Neiman Marcus Kaufhaus gibt es die Glaskuppel eines alten Kaufhauses, dem „City of Paris“ zu bestaunen, das zuvor an anderer Stelle am Union Square stand. Beim Abriss wurde die Kuppel erhalten und in das neue Gebäude eingefügt. Abgebildet ist das Schiff, so wie es sich auch im Stadtwappen von Paris selbst findet.

Inzwischen wird es auch hier schon gegen fünf dunkel. Und – wie eigentlich jeden Nachmittag – ziemlich windig. Wir lassen uns mit dem Bus den Hügel hinaufschaukeln und genießen nochmal die Aussicht auf die Hochhäuser der Stadt, bevor wir ins warme Nest zurückkehren.

Golden Gate Bridge – Der erste Versuch

Am Montag bin ich mit dem Bus in die Stadt gefahren, um ein bisschen Orgakram zu erledigen. Da das schneller ging als erwartet, blieb mir noch der Nachmittag für eine weitere Erkundungstour. Es zog mich ans Meer. Und ich wollte endlich die Golden Gate Bridge sehen.

Von Downtown aus bin ich die Powell Street einfach so lange durchgelaufen, bis ich am Fisherman‘s Wharf ankam.  Das geht einmal über den Hügel und auch ein bisschen durch Chinatown. Es gibt jede Menge Restaurants und Büdchen dort. So ähnlich wie an anderen Hafenpromenaden auch. Und den ersten Blick aufs Wasser und hinüber nach Alcatraz, der ehemaligen Gefängnisinsel.

Am Fishermans Wharf ist auch Boudins, die Bäckerei, von der Ms Eltern schon erzählt hatten. Sieht allerdings eher aus wie ein Flagship Store mit angeschlossenem Restaurant für Touristen. Zum Testen habe ich aber trotzdem ein Sauerteig Baguette mitgenommen. Das macht seinem Namen alle Ehre. Es ist zwar ein helles Brot, aber die Säure des (vermutlich) Weizensauerteigs kommt deutlich durch. Es ist mir schon fast zu sauer für ein Weizenbrot, das würde ich so eher von einem Roggen(misch)brot erwarten.

Vom Fisherman’s Wharf bin ich dann weiter nach Westen an der Marina entlang. Hier ist noch alles für den America’s Cup der Segler aufgebaut, der noch bis Ende September andauern wird. Am Montag war erst der zweite Renntag. Allerdings war es sehr ruhig, keine Zuschauer und auch keine Segler zu sehen. An den Wochenenden ist wahrscheinlich mehr los. Und auch einige der Kurzzeit-Wohnungsanzeigen, die ich gesehen habe, werben explizit mit der guten Lage für Besucher des Rennens.

Weiter ging es über Crissy Fields. Und hier schloss ich das erste Mal Bekanntschaft mit dem Nebel. Windig war es die ganze Zeit, seit ich am Wasser war. Und nun ging die Sonne weg und es wurde immer nebliger. So konnte ich auch nicht sehen, dass ich der Golden Gate Bridge immer näher kam. Genauso gut hätte ich im Schwarzwald auf dem Feldberg stehen können, so wie im Mai. Da war von der schönen Aussicht auch nix zu sehen. Und hier wieder. Ich war da, die Brücke war da. Nur gesehen habe ich: Nix.

Es muss also mindestens noch ein zweiter Versuch her, um das Original zu sehen.