Boston Tag 3 – Harvard, Beacon Hill, Boston Library, Worcester

Und auch am nächsten morgen sind wir wieder früh wach. Da wir unsere Räder noch bis halb elf nutzen können und im Hostel erst um elf auschecken müssen, entschließen wir uns zu einem schnellen Frühstück und anschließender Radtour am Fluss entlang nach Harvard. Der Radweg selbst liegt zwar am Fluss, aber eben auch neben der Autobahn. Wir müssen nicht mit anderen die Straße teilen, in der morgendlichen Rush-Hour ist es aber dennoch kein super entspanntes Radeln sondern vor allem laut. Gegen zwanzig nach neun taucht der Harvard Campus auf der anderen Flussseite auf. Und wie im Film sehen wir auch gleich die ersten Ruderer beim Training, Damen- und Herren-Achter und Vierer. Es ist wie im Film.

Wir überqueren den Fluss, lassen den Campus diesmal aus, und fahren auf der anderen Flussseite zurück in Richtung Stadt. Nach einem falschen Abzweig und kleinen Schlenker durch Fenway müssen wir uns nun langsam beeilen, um die Räder rechtzeitig zurückzubringen und auszuchecken. Aber zwei Doughnuts müssen noch mit.

Wir lassen die Taschen im Hotel und verbringen den Rest des Tages zu Fuß in der Stadt. Wir spazieren durch Beacon Hill, Back Bay und schauen uns den Copley Square an. Anschließend folgen wir Aarons Tipp und schauen uns die Boston Library an. Einmal pro Tag wird eine Führung angeboten, da diese heute aber bereits um 11.00 Uhr war, nehmen wir uns die Räume selbst vor. Besonders der Innenhof mit Springbrunnen und der große Lesesaal im ersten Stock sind einen Blick wert. Überall herrscht geschäftige Ruhe, genauso wie in der Bib zu Uni-Zeiten.

 

 

Nach einem schnellen Sandwich machen wir uns auf den Rückweg zum Hotel. Wir treffen unsere kanadischen Mitbewohner ein letztes Mal, holen unsere Koffer und machen uns zum Mietwagenverleih auf. Erwartungsvoll, welches Auto wir wohl bekommen, stehen wir am Schalter. Der Alamo-Mitarbeiter sucht unsere Reservierung, findet nichts. Fragt nach Ms Namen und findet wieder nichts. Schreibt meinen Namen von der Reservierungsbestätigung ab, kein Treffer. Und dann fällt es auf: Der Mitwagen ist nicht für heute, sondern schon für gestern reserviert gewesen. Oh nein, in drei Stunden wollen wir in Worcester sein und jetzt haben wir kein Auto reserviert. Es lässt sich nicht mehr nachvollziehen, wie die Verwechslung im Datum zustande kam, aber durch einen Kniff, kann der hilfsbereite Mann am Counter die Reservierung doch noch aufrufen. Es gibt noch Autos, allerdings nur größere als bestellt. Wir zahlen also den Aufpreis, froh, dass die Miete doch noch klappt und brausen mit einem Nissan Altima aus dem Parkhaus.

Anstelle der mautpflichtigen Autobahn nehmen wir die alte Poststraße (Route 20) nach Worcester. Es ist Feierabendverkehr und es geht nur langsam voran. Aber stetig bewegen wir uns aus dem Bostoner Großraum und hinein in die Vororte. Bis Worcester wird es kaum richtig ländlich, so dicht ist die Gegend besiedelt. Kurz nach sieben treffen wir am Hotel ein. Gerade rechtzeitig, um die anderen Hochzeitsgäste kennenzulernen und zum Abendessen zu gehen. Wir entscheiden uns für Steak und das 111 Chop House in Worcester. Eine sehr gute Wahl, denn – obwohl wir es uns schon für Boston vorgenommen hatten – sind wir bisher noch nicht essen gegangen.

01.05.2015

 

Boston Tag 2 – Radtour, MIT Campus, Bunker Hill, Seaport, ICA

Der zweite Tag in Boston beginnt mit sehr frühem Erwachen. Jetlag sei Dank, sind wir um sechs Uhr hellwach. Aus Rücksicht auf unsere Mitbewohner und auch weil es erst ab 07:00 Uhr Frühstück gibt, bleiben wir noch ein bisschen im Bett liegen. Mit bloggen, Fotos raussuchen und editieren kann man schon ein bisschen Zeit rumbringen.

Beim Frühstück kommt Aaron vom Hostel vorbei und fragt, ob wir noch Tipps brauchen. Wir erzählen von unserer Idee, Räder auszuleihen und bekommen einen guten Tipp für einen Fahrradladen, der nicht weit entfernt ist. Zudem markiert er Routen und Sehenswürdigkeiten in der Karte, gibt Tipps, wann es Führungen durch die Bostoner Bibliothek gibt (die architektonisch sehr sehenswert sein soll) und erinnert uns nochmal daran, dass es ab 17:00 Uhr im Institute for Contemporary Art (ICA) heute freien Eintritt gibt. Derart rundum informiert machen wir uns um kurz nach zehn auf dem Weg.

Die Räder holen wir im Community Bike Shop in der Tremont Street. 25 Dollar für 24h, inklusive Helm und Schloss. Wir werden auch hier gut umsorgt und mit weiteren Tipps losgeschickt. Direkt neben dem Radladen findet sich eine Doughnut Bakery (Blackbird Doughnuts), die vielversprechend aussieht. Also zwei Stück fürs zweite Frühstück eingepackt und los geht es.

Als erstes durchfahren wir den Stadtteil Back Bay und erkunden die Straßen rund um die Commonwealth Avenue. Hier blühen Magnolien vor den Hauseingängen, Balkonkästen und Töpfe werden bepflanzt, ansonsten sind die Straßen ruhig und gepflegt. Weiter geht es in Richtung Charles River und Esplanade, eine kleine parkähnliche Anlage, die sich südseits an den Charles River schmiegt. Hier gibt es erste Fotos von der Skyline und das zweite Frühstück. Beide Doughnuts sind wunderbar.

Wir überqueren den Charles River über die Longfellow Bridge und erreichen den Campus des MIT. Wir parken die Räder am Stata Center, genießen eine zeitlang die Sonne im kleinen Außen-Auditorium und spazieren anschließend eine kurze Runde über den Campus. Wir nutzen eines der Campus-Cafés zum Mittagessen und nehmen die Räder, um noch die Bostoner Skyline und das Simmons Building sehen zu können.

In der Zwischenzeit ist es zwei Uhr nachmittags und wir setzen unsere kleine Tour in Richtung Bunker Hill fort. Vom dortigen Turm aus, hat man einen guten Blick über die gesamte Stadt. Er gehört zum Boston National Historical Park Bunker Hill, so dass man keinen Eintritt zahlt, sondern lediglich ein Zugangsticket benötigt. Der Aufstieg ist Herz-Kreislauf-Training. Die Stufen sind vergleichsweise hoch und mit über 290 Stufen riecht es darin, wie es riechen muss, wenn täglich mehrere Schulklassen und Touristen da hoch klettern: nach Turnhalle. M ist unten geblieben und das war keine schlechte Entscheidung. Oben angekommen hat man nur vier kleine Guckfenster, die auch verglast sind. Also nur partieller Rundumblick und wenn man es nicht – dem netten Ranger sei Dank – vor der Schulklasse nach oben schafft, drängelt man sich dann vor den winzigen Fensterchen. Der Ausblick ist allerdings gut, Höhe schafft halt Übersicht.

Wir brausen den Berg wieder runter, immer an der Wegführung des Freedom Trail entlang und gelangen so über North End zurück in die Stadt. Ein kleiner Abstecher zum Seaport und dem ICA beschließen den Tag. Wir überall heute, wird auch hier gebaut. Jedoch nicht nur Straßen, sondern vor allem Häuser. Fast alle Gebäude südseits des Federal Courts sind nur wenige Jahre alt. Wir finden zwei der Restaurants wieder, die unser Wassertaxi-Mitfahrer gestern empfohlen hat (Boston Legal Harborside, Temazcal), haben aber beschlossen, die Küche des Hostels in Beschlag zu nehmen und Pasta mit Tomatensauce zum Abendessen zu machen. Also bleibt es beim Studium der Karten, die zwar gut, aber auch exklusiv, klingen. Im Sinne von: Stoffservietten und Anzugträger.

Der Wind frischt deutlich auf und so langsam wird es kalt. Wir beschließen, uns im ICA aufzuwärmen und auch deren Sammlung noch anzuschauen.

30.04.2015

 

Twin Peaks

Hier ein paar Fotos von unserem Fahrrad-Ausflug nach Twin Peaks heute Nachmittag. Mit Twin Peaks sind die zwei Hügel gemeint, die uns genau gegenüber liegen. Jeden Morgen und Abend, wenn wir auf dem Balkon stehen, können wir hinüberwinken. Heute wollten wir uns das Ganze mal von der anderen Seite aus ansehen.

Der Weg nach oben lässt sich mit einer Tour den Königsstuhl in Heidelberg hinauf vergleichen. Es geht etwa eine halbe Stunde stetig bergauf. Und dann biegen wir plötzlich um eine Kurve und die 49 Quadratmeilen große Stadt erstreckt sich unter uns. Phänomenal. Der Rundumblick über die Stadt und die Bucht entschädigt sofort für alle Anstrengung.

Hier drei Bilder von Osten nach Westen: erst San Francisco Downtown, dann Russian Hill und Pacific Heights und zum Schluss der Blick über den Presidio mit der Golden Gate Bridge, die hinüber nach Marin County führt.

Und hier nochmal die beiden Seiten. Unser Hügel von Twin Peaks aus gesehen im Nachmittagslicht, nachdem wir etwa eineinhalb Stunden unterwegs waren. Und dann, Twin Peaks von unserem Hügel aus gesehen in der Dämmerung.

Es war kaum Verkehr in der Stadt, da alle Familien beim Thanksgiving-Truthahn zusammensaßen. So konnten wir gemütlich radeln und hatten zudem immer mal wieder den Duft von frischem Brathuhn in der Nase. Außerdem haben wir einige Menschen gesehen, die mit Tupperdosen, Töpfen und Weinflaschen beladen durch die Straßen liefen. Unsere Nachbarin S hatte ihre Familie zu Gast und so sind auch wir in den Genuss des traditionellen Nachtischs ihrer Mutter gekommen: Pumkin Pie, ein süßer Kürbiskuchen. Sehr lecker.

Bullitt

Manche Filme muss man wirklich nicht gesehen haben, und manch andere Filme muss man nicht gesehen haben bis auf einen sehenswerten Ausschnitt! „Bullitt“ aus den späten Sechzigern mit dem damals gerade auftstrebenden Steve McQueen in der Hauptrolle ist so ein Exemplar. Der Klappentext versprach mir einen spannenden Thriller, und dass der Film fast ausschließlich an Originalschauplätzen in San Francisco gedreht wurde. Und recht schnell wird auch klar, woher die Spannung kommen soll: Ein Polizist soll einen wichtigen Zeugen in einem in wenigen Tagen beginnenden Gerichtsprozess vor Mafia-Häschern schützen. Und dann geht’s einfach nicht voran. Der Plot kommt irgendwie nicht ins Rollen. Selbst als aufmerksamer Zuschauer dämmert man bald vor sich hin – bis zur grandios gefilmten Verfolgungsjagd durch die Straßen von San Francisco:

The Perks of Being a Wallflower

Das ist einer dieser Filme, der schon seit Evas Rezension letztes Jahr auf meiner Filmliste steht. Auf die Liste kommen die Filme, die ich gerne sehen will, zu denen ich es aber nicht ins Kino geschafft habe. M war anfangs zu Recht skeptisch, weil meine Filmauswahl doch eher selten seinem Geschmack entspricht. Aber als dann in der zentralen Tunnelszene „Heroes“ von David Bowie als Filmmusik lief, war er zumindest neugierig.

The Perks of Being a Wallflower (deutscher Titel: Vielleicht lieber morgen)  ist eine Coming-of-Age Geschichte (früher hätte man dazu wohl Highschool-Drama gesagt), in der die Hauptfigur Charlie (Logan Lerman), ein introvertierter Außenseiter, auf sein erstes Jahr an der neuen Schule zurückblickt. Er ist psychisch labil und fürchtet sich vor den vier endlos scheinenden Highschooljahren, die vor ihm liegen. Entgegen seiner Erwartungen findet er jedoch Freunde und verliebt sich in Sam (Emma Watson). Und am Ende wird alles schlimm und doch irgendwie gut.

Klingt total emo, ist es auch ein bisschen. Der Film kippt aber nie ins Kitschige, weil die Figuren allesamt sympathische Freaks sind. Der Regisseur (Stephen Chbosky, der auch der Autor der Romanvorlage ist) zeigt eben nicht nur die übliche Highschool Liebesgeschichte. Er hält vielmehr eine gute Balance zwischen den psychischen Belastungen seiner „Mauerblümchen“ und ihrer Freude am Leben.

Dabei kommt ein Film heraus, der berührt und über den man hinterher vielleicht noch eine Weile nachdenkt. Weil wir die DVD hier hatten, konnten wir auch die ausgelassenen Szenen mit dem Audio-Kommentar des Regisseurs sehen. Ich finde, das lohnt sich, weil damit seine Idee von der Umsetzung bestimmter Szenen nochmals erklärt bekommt und man viele Details des Films erst so entdeckt.

Der Film hat in der IMDB ein Rating von 8,0 und besteht den Bechdel-Test nicht.

Drehort San Francisco – Heimat

In San Francisco wird ja so einiges gedreht. Ecke Powell & Market St. ist zum Beispiel der Ort, an dem die cable car einen ihrer Endpunkte hat und um 180 Grad gedreht wird – um ihren Dienst in entgegengesetzter Richtung wieder anzutreten. Aber – kleiner Scherz am Rande – um solch einen „Drehort“  gehts im Folgenden nicht ;-).

Denn wir haben uns in der letzten Woche (ich zum ersten Mal auf Englisch) den Film Dirty Harry aus dem Jahre 1971 mit Clint Eastwood in der Hauptrolle angeschaut, der in San Francisco spielt. Das lustige daran war, das uns viele der Drehorte bekannt waren und wir einige Wiedererkennungsmomente aus unserer direkten Nachbarschaft hatten. Der Plot ist recht einfach erzählt: Es geht um den etwas unkonventionellen, mürrisch-wortkargen Inspektor Harry Callahan (Clint Eastwood) des SFPD, der einen Serienmörder jagt. Dieser erpresst die Stadt, indem er wahllos von Dächern auf Passanten schießt. In einer sehenswerten Einstellung zu Beginn, befindet sich Callahan am ersten Tatort auf dem Dach eines Hochhauses und die Kamera folgt ihm, während sein Blick rundherum über die Stadt schweift. Und auch in der weiteren Verfolgung des Täters jagt Callahan durch die Straßen von San Francisco, was den Film für uns sehr lebendig machte, da wir teilweise kurz zuvor an den verschiedenen Punkten in der Stadt gestanden waren (North Beach, Washington Square, Kezar Stadium, Sts. Peter and Paul Church, Dolores Park, …).

Ansonsten gab’s noch mehr Lokalkolorit für uns: Der Figur des Harry Callahans, die immer am Rande der Legalität agiert, Ermittlungen mit äußerster Brutalität durchführt und auch vor Folterung des Täters nicht zurückschreckt, sind wir trotz allem etwas verbunden. Wir erfahren, dass er wie wir auch in Portrero Hill wohnt. Und in einer Szene mit seinem Lieblings-Barmann spricht dieser von Callahan als seinem „Potrero brother“. Weiterhin wird Callahan zu einem Einsatz zu Ecke Texas und Sierra Street gerufen. Das ist just eine der Straßenkreuzungen, die ich morgens mit dem Fahrrad passiere, um zum Bahnhof zu kommen.

Na ja, irgendwie schön in einem US-Blockbuster – wenn auch etwas älteren Datums – so im Detail die Drehorte wiederzuerkennen. Das gibt einem eine gewisse Art von Heimat-Gefühl. Im deutschen Fernsehen haben wir das wohl auch etwas, wenn wir den Tatort sehen (eine der schönsten, die ich gesehen habe, war „Das Glockenbachgeheimnis“ des BR und „Bienzle und die schöne Lau“ des SDR). Durch sein regionales Konzept erkennen – jeden Sonntag wechselnd – die Zuschauer ihre Heimat als Filmrealität wieder und können ein positives Gefühl damit verbinden, dass ihr Zuhause – im Zuge der Verbreitung an ein Millionenfernsehpublikum – einer gewissen Aufmerksamkeit wert scheint.

Verzeichnis der im Text verwendeten Fremdwörter:

cable car – ist eigentlich eine Straßenbahn, die den Berg hochfährt, gezogen von einem unterirdisch laufenden Drahtseil. In Wahrheit ist sie vor allem der Anlass für jede Menge Fotos und Anreiz für eine Runde S-Bahn-Surfen der Touristen.

Dirty Harry –  Alter-Ego von Clint Eastwood und Titel des gleichnamigen Films. Fun Fact: Clint Eastwood war von 1986 bis 1988 Bürgermeister in Carmel-by-the-Sea.

SFPD – San Francisco Police Department, also der Name der örtlichen Polizei. Sieht man immer mal wieder hier rumfahren.

Blockbuster – Kassenschlager, meist völlig überbewerteter Film, der häufig nicht nur viel gekostet hat, sondern auch viel Geld einspielt. Wörtlich übersetzt ein Straßenfeger.