Boston Tag 2 – Radtour, MIT Campus, Bunker Hill, Seaport, ICA

Der zweite Tag in Boston beginnt mit sehr frühem Erwachen. Jetlag sei Dank, sind wir um sechs Uhr hellwach. Aus Rücksicht auf unsere Mitbewohner und auch weil es erst ab 07:00 Uhr Frühstück gibt, bleiben wir noch ein bisschen im Bett liegen. Mit bloggen, Fotos raussuchen und editieren kann man schon ein bisschen Zeit rumbringen.

Beim Frühstück kommt Aaron vom Hostel vorbei und fragt, ob wir noch Tipps brauchen. Wir erzählen von unserer Idee, Räder auszuleihen und bekommen einen guten Tipp für einen Fahrradladen, der nicht weit entfernt ist. Zudem markiert er Routen und Sehenswürdigkeiten in der Karte, gibt Tipps, wann es Führungen durch die Bostoner Bibliothek gibt (die architektonisch sehr sehenswert sein soll) und erinnert uns nochmal daran, dass es ab 17:00 Uhr im Institute for Contemporary Art (ICA) heute freien Eintritt gibt. Derart rundum informiert machen wir uns um kurz nach zehn auf dem Weg.

Die Räder holen wir im Community Bike Shop in der Tremont Street. 25 Dollar für 24h, inklusive Helm und Schloss. Wir werden auch hier gut umsorgt und mit weiteren Tipps losgeschickt. Direkt neben dem Radladen findet sich eine Doughnut Bakery (Blackbird Doughnuts), die vielversprechend aussieht. Also zwei Stück fürs zweite Frühstück eingepackt und los geht es.

Als erstes durchfahren wir den Stadtteil Back Bay und erkunden die Straßen rund um die Commonwealth Avenue. Hier blühen Magnolien vor den Hauseingängen, Balkonkästen und Töpfe werden bepflanzt, ansonsten sind die Straßen ruhig und gepflegt. Weiter geht es in Richtung Charles River und Esplanade, eine kleine parkähnliche Anlage, die sich südseits an den Charles River schmiegt. Hier gibt es erste Fotos von der Skyline und das zweite Frühstück. Beide Doughnuts sind wunderbar.

Wir überqueren den Charles River über die Longfellow Bridge und erreichen den Campus des MIT. Wir parken die Räder am Stata Center, genießen eine zeitlang die Sonne im kleinen Außen-Auditorium und spazieren anschließend eine kurze Runde über den Campus. Wir nutzen eines der Campus-Cafés zum Mittagessen und nehmen die Räder, um noch die Bostoner Skyline und das Simmons Building sehen zu können.

In der Zwischenzeit ist es zwei Uhr nachmittags und wir setzen unsere kleine Tour in Richtung Bunker Hill fort. Vom dortigen Turm aus, hat man einen guten Blick über die gesamte Stadt. Er gehört zum Boston National Historical Park Bunker Hill, so dass man keinen Eintritt zahlt, sondern lediglich ein Zugangsticket benötigt. Der Aufstieg ist Herz-Kreislauf-Training. Die Stufen sind vergleichsweise hoch und mit über 290 Stufen riecht es darin, wie es riechen muss, wenn täglich mehrere Schulklassen und Touristen da hoch klettern: nach Turnhalle. M ist unten geblieben und das war keine schlechte Entscheidung. Oben angekommen hat man nur vier kleine Guckfenster, die auch verglast sind. Also nur partieller Rundumblick und wenn man es nicht – dem netten Ranger sei Dank – vor der Schulklasse nach oben schafft, drängelt man sich dann vor den winzigen Fensterchen. Der Ausblick ist allerdings gut, Höhe schafft halt Übersicht.

Wir brausen den Berg wieder runter, immer an der Wegführung des Freedom Trail entlang und gelangen so über North End zurück in die Stadt. Ein kleiner Abstecher zum Seaport und dem ICA beschließen den Tag. Wir überall heute, wird auch hier gebaut. Jedoch nicht nur Straßen, sondern vor allem Häuser. Fast alle Gebäude südseits des Federal Courts sind nur wenige Jahre alt. Wir finden zwei der Restaurants wieder, die unser Wassertaxi-Mitfahrer gestern empfohlen hat (Boston Legal Harborside, Temazcal), haben aber beschlossen, die Küche des Hostels in Beschlag zu nehmen und Pasta mit Tomatensauce zum Abendessen zu machen. Also bleibt es beim Studium der Karten, die zwar gut, aber auch exklusiv, klingen. Im Sinne von: Stoffservietten und Anzugträger.

Der Wind frischt deutlich auf und so langsam wird es kalt. Wir beschließen, uns im ICA aufzuwärmen und auch deren Sammlung noch anzuschauen.

30.04.2015

 

Wunden der Stadtplanung

Mir war das Viertel von Anfang ein Dorn im Auge. Wenn wir ab und zu nach Downtown müssen, dann führt unser Weg durch South of Market (SOMA). Als Fahrradfahrer ist das kein Spaß, denn die Gegend wird durchzogen von drei- bis vierspurigen Einbahnstraßen; Autos fahren dementsprechend schneller und mit dem Fahrrad ist abbiegen im fließenden Verkehr fast unmöglich.

Auch als Fußgänger kann man nicht so viel Schönes entdecken. Die Straßen sind gesäumt von flachen Häusern, die irgendwelchen Lagerzwecken dienen könnten, und Hochhäusern, die eine langweilige Mischung aus Glas und Beton darstellen. Dazwischen ducken sich ein paar Kneipen, die aber nicht wirklich einladend aussehen. Man hat nicht das Gefühl, dass hier jemand lebt. Neben den Leuten, die hier ihren Geschäften nachgehen, kommen wohl die meisten in dieses Viertel, um das San Francisco Museum of Modern Art (SFMOMA), das Yerba Buena Art Center oder das Moscone Kongresszentrum zu besuchen.

Diese recht klägliche Situation lässt sich erklären: In den 70er Jahren fand hier eine Neugestaltung (Redevelopment) statt. Die Stadtplaner sahen es als sinnvoll und lohnend an, die hier lebenden Arbeiter, Händler und sonstigen kleinen Leuten zwischen bescheidenen Hotels und Restaurants in die Randgebiete im Süden zu verpflanzen, um ein modernes, kommerzielles Zentrum zu entwickeln. Mir scheint, die Stadtentwicklung hat aus einem etwas zwielichtigen aber belebten Ort ab den 70ern einen ähnlich zwielichtigen nun aber auch recht toten Ort gemacht.

Solche Art von Redevelopment gab es im Übrigen etwas früher auch schon an anderer Stelle. Im Fillmore-Viertel (rund um die Fillmore Street) siedelten sich um die Jahrhundertwende nach und nach japanische Immigranten an. Im Zuge des Zweiten Weltkriegs wurden diese aber als Feinde in Internierungslager gebracht. Mit dem Kriegseintritt der USA erhöhte sich die Nachfrage nach Arbeitskräften drastisch, um in den Werften rund um die Bay Kriegsschiffe und U-Boote zu fertigen. Der Leerstand in Fillmore wurde somit recht schnell durch afro-amerikanische Familien, die aus dem Süden kommend Arbeit in der Rüstungsindustrie fanden, wieder aufgehoben. Fillmore entwickelte sich kulturell. In den vielen Nachtclubs beispielsweise traten in den 50er und 60er sämtliche Jazzgrößen auf.  San Francisco wurde zum Harlem des Westens. Das Redevelopment hat auch hier eher eine steinerne Wüste hinterlassen.

Im SOMA hat sich jedenfalls Widerstand in Form von Bürgerinitiativen gegen die Umsiedlung der Bewohner und die Neugestaltung  gebildet. Ein Ergebnis des Widerstands besteht noch heute. Ein paar verbliebene Bewohner konnten zwischen dem Beton etwas Raum für einen kleinen Garten retten. Es ist nicht übertrieben von einer Oase zu sprechen: Es ist kaum Straßenlärm zu hören. Das Grün der Natur in den Beeten setzt sich gegen die umliegenden Hochbauten ab. Mitten drin befinden sich Sitzgelegenheiten in der Sonne und die Pflanzen werden von älteren Menschen umsorgt. Es scheint, sie sind zufrieden und vergessen die Umgebung, solange sie jeden Tag die Möglichkeit haben, ihren Garten zu sehen.

Alice Street Community Garden, Lapu Lapu Street (between 3rd & 4th Streets and Folsom & Harrison), San Francisco, CA 94103.

Wochenrückblick (#10)

|Gesehen| Vertigo, Downton Abbey (Erste Staffel)
|Gelesen| Elizabeth Gilbert: Committed (gehört), Sheryl Sandberg: Lean In
|Getan| das SF Art Institute angeschaut, über die Golden Gate Bridge geradelt, mit der Fähre nach SF übergesetzt, beim Pilates gewesen
|Gegessen| Beef Stroganoff mit Kartoffelbrei und gebratenem Grünzeug, Lachs mit Sahnesauce und Pasta, Kürbis-Süßkartoffelsuppe, Kuchen und Sandwich von Greens (Fort Mason), Tacos bei Papitos in unserem Viertel, Pancakes mit Ahornsirup
|Gedacht| boah ist das laut, in allen meinen romantisch-naiven Vorstellungen zur Überquerung der Golden Gate Bridge hatte ich die vorhandenen sechs Fahrspuren samt Verkehr irgendwie nicht berücksichtigt
|Gefreut| über den wiedergefundenen Fahrradschlüssel
|Gelacht| über Ms Movember-Bart, mit dem sieht er momentan ein bisschen aus wie d’Artagnan von den drei Musketieren
|Geärgert| über meinen Hinterradreifen am Fahrrad, der bei voller Fahrt geplatzt ist. Ich habe mich zwar sehr erschrocken, konnte aber gut die Spur halten und rechts ranfahren
|Gekauft| einen neuen Fahrradschlauch, Fahrradlichter, eine Jeans, zwei Bücher beim City Lights Bookstore
|Geklickt| Fähren und Fahrpläne

Wochenrückblick (#6)

|Gesehen| The Perks of  Being a Wallflower, Bullitt, Simpsons, How I met your mother
|Gelesen| Anna Karenina,  Plenty und Jerusalem von Yotam Ottolenghi, Bread von Jeffrey Hamelman (Kochbücher), The Love of a Good Woman von Alice Munro
|Getan| Brot gebacken, Gemüse zu Fonds gekocht, mit dem Fahrrad durch die Stadt gecruist, beim Nachbarschaftsmarkt mit Bewohnern des Viertels gesprochen, am Ozean gewesen, den Spendenlauf der Nachbarstochter unterstützt (mit Spenden, nicht mit laufen), auswärts gegessen
|Gegessen| Casarecce mit Stängelkohl, Risotto mit gebratenem Kürbis und Kerbel, gebackene Süßkartoffeln mit Balsamico und Löwenzahnsalat, Wraps mit Stängelkohl, Hummus und Guacamole, Fritatta (alles daheim), Frühstückskaffee im Thinkers, Sandwiches im Outerlands, Kaffee bei Sightglass, Tacos bei Tacolicious, Salziges Karamell-Softeis bei der Bi-Rite Creamery
|Gedacht| morgens mit Blick über das Wasser aufwachen ist toll
|Gefreut| über das viele Gemüse in unserem Kühlschrank, das immer noch tolle Wetter, die Fahrradtouren durch die Stadt und immer wieder das Essen
|Gelacht| über die Simpsons-Halloween-Folge
|Geärgert| hat sich M über einen Schnitt in den Finger
|Gekauft| eine Küchenwaage
|Geklickt| Restaurantempfehlungen auf yelp, zagat und sfeater

Wochenrückblick (#5)

|Gesehen| Dirty Harry von Don Siegel mit Clint Eastwood
|Gelesen| Bon Appétit (Essens-Zeitschrift), Grün ist die Hoffnung von T.C. Boyle
|Getan| die Nachbarschaft erkundet, mit dem Fahrrad im Zug zur Uni gependelt, Berge hochgestrampelt und runtergesaust
|Gegessen| Frittata, selbstgemachtes Brot, Spaghetti mit Kürbis, Brioche, Focaccia und jede Menge Chard (das sind verschiedene Sorten Kohl am Stängel bzw. auch Mangoldarten)
|Gedacht| dass unsere Beinmuskulatur auf Dauer diese Anstiege nicht aushält oder wir irgendwann stahlharte Wadeln haben
|Gefreut| über die ersten Meter mit dem Fahrrad
|Gelacht| über Olivia, die Vermieterkatze, die immer reinkommt und durch die Wohnung stolziert, als sei es ihre eigene
|Geärgert| über die drei Tage und mehrere Telefonate erfordernde Online-Banking-Registrierung
|Gekauft| Fahrräder, einen DVD-Player, einen Zauberstab mit so vielen Zauberzusatzfunktionen (Sahne schlagen, Pesto machen, Wäsche falten ;-)), und ganz wichtig: Karte von Fahrradwegen in SF mit Angabe der Steilheit der Straßen!!
|Geklickt| auf der Seite der San Francisco Public Library und jede Menge Bücher bestellt