Brauereiführung: Anchor Steam Brewery

Wir waren letzte Woche um 10.00 Uhr morgens Bier trinken. Oder, wie unser Tourguide es treffend formulierte: „Irgendwo auf der Welt ist es sicher gerade 17.00 Uhr nachmittags.“ Also eine akzeptable Zeit für ein Glas Bier – nach einer Führung durch die Achor Steam Brewery.

In der Anchor Steam Brewery – der Anker Dampf Brauerei – wird direkt in unserer Nachbarschaft das über die Stadt hinaus bekannte „Anchor Steam Beer“ gebraut. Auf dem Weg zum Supermarkt kommen wir oft daran vorbei, sehen den Dampf und haben den Malzgeruch in der Nase. Die Idee, nach einer Tour Ausschau zu halten, lag also nicht fern.

Über die Homepage der Brauerei kann man (ausschließlich) telefonisch die Teilnahme an einer kostenlosen Tour durch die Brauerei reservieren. Die Touren werden momentan jeden Tag um 10.00 Uhr morgens und 13.00 Uhr mittags angeboten. Aber: sie sind begehrt. Für vier Personen muss man mit mindestens einen Monat Vorlauf rechnen, für mehr Personen oder für den begehrten Termin am Freitagnachmittag um 13.00 Uhr wartet man bis zu sechs Monate.

Die Tour selbst dauert etwa 45 Minuten, hinterher sollte man weitere 45-60 Minuten für die Probe der verschiedenen Biersorten einplanen. Schön ist, dass die Tour bei laufendem Betrieb mitten durch die Produktion führt. Wir bekommen nicht nur einen sehr authentischen Einblick, sondern entdecken erstaunt, wie wenig Platz es braucht, um jährlich 43 Millionen Flaschen Bier zu brauen. Und auch die Angestellten sehen täglich, was gerade gebraut wird: Büros, Labore, Proben- und Verkaufsraum sind alle um die zentral stehenden, großen Kupferkessel herum angeordnet.

Es gibt eine Reihe von Erklärungen dafür, wie der Name „Steam Beer“ zustande kommt. Unser Tourguide Bobby gibt die Folgende: Steam Biere seien charakteristische Biere der Westküste, die ohne elektrische Kühlung produziert werden. Das heiße Bier wurde nach dem Kochen der Würze auf das Dach der Brauerei gestellt, wo die Küstenwinde dafür sorgten, dass es sich rasch abkühlte und weithin der weiße Dampf sichtbar war. Aus der Not heraus entwickelt, hat Anchor es in der Zwischenzeit zu seinem Markenzeichen gemacht.

Nach dem Würzkochen in drei großen Kupferkesseln wird das Bier in offenen, viereckigen Edelstahltanks in einem belüfteten Raum aber ohne weitere technische Kühlung abgekühlt. Wegen der Fotos trödelte ich ein bisschen hinter der Gruppe her. Eine der vorbeigehenden Angestellten sammelte mich auf und nahm mich mit hinein in den Raum mit den großen Wannen. Darin riecht es völlig anders als im Reste der Brauerei: nach Blumenwiese und Apfelbaum, fruchtig, malzig, süß und überhaupt nicht nach Bier oder Alkohol.

Dem Biergemisch in den Wannen wird Hefe zugesetzt und dann findet offen – das ist unüblich – der erste Gärprozess statt. Dabei wird ein großer Teil des enthaltenen Malzzuckers zu Alkohol vergoren. Die zweite Gärung folgt danach in Edelstahlfässern. Das bei der Gärung entstehende Kohlendioxid entweicht erstmal in den offenen Wannen. Damit das Steam Beer trotzdem gleichmäßig perlt, wird das sogenannte „kräusening“ eingesetzt. Dem fertigen Bier im Fass wird nochmals ein wenig Stammwürze zugesetzt. Die darin enthaltenen Hefen sorgen dafür, dass die Gärung nochmals beginnt und sich das Kohlendioxid gleichmäßig im Bier verteilt.

Unsere Führung endet mit einem Blick in die Abfüllanlage, wo Bobby mit Hilfe von laminierten Schildern erklärt, welche Schritte durchlaufen werden und wie viel Bier pro Tag, Woche und Jahr produziert wird. Der Lärm verhindert weitere mündliche Erklärungen und neugierige Nachfragen werden auf die anschließende Verkostung verschoben.

Hier haben wir Gelegenheit, das gesamte Sortiment zu verkosten. Wir sagen uns, dass es sicher irgendwo auf der Welt gerade fünf Uhr nachmittags ist und legen los. Wenn ihr auf die Bilder der einzelnen Biere klickt, findet ihr die Einschätzungen von M, mir und M’s Papa. Unsere Top 3 waren: Steam Beer, Lager und Porter. Einen besonderen Platz erhält das diesjährige Christmas Ale, das wir aufgrund der enthaltenen Weihnachtsgewürze zwar außergewöhnlich, aber dennoch gut abgestimmt fanden. Das gibt’s dann hier zu Weihnachten.

Anchor Brewing Company, 1705 Mariposa Street, San Francisco, 94107