Monatsrückblick – September 2016

Der September beginnt mit einem Kurzurlaub im Allgäu und endet mit einer beruflichen Reise nach Singapur. Dazwischen, schönstes Spätsommerwetter in Berlin und Mannheim. Hier die Höhepunkte:

|Gesehen| Maren Ade: Toni Erdmann – Jim Jarmusch: Night on Earth – Jim Jarmusch: Dead Man – Mika Kaurismäki: L.A. without a Map – Alexander Sokurow: Russian Ark – The Big Bang Theory, Staffeln 7&9 – Be Somebody und The Intern im Flugzeug
|Gelesen| Christa Dericum: Burgund, Erzählte Landschaft – Ingeborg Bachmann:  Malina
|Gehört| Anton Bruckner: Symphonie Nr. 7 – Karl Amadeus Hartmann: Concerto funèbre
|Getan| auf eine Alp gewandert
|Gegessen| Gado-Gado mit Emping, Onseng Onseng Boontjis (beides indonesisch), gegrillte Hochrippe vom Rind, Alpkäse, Bak Chor Mee in Teochew-Style (chinesische Nudelsuppe mit Schwein in Singapur)
|Getrunken| Geuze (spontangärendes belgisches Bier)
|Gedacht| wie viel mehr man doch über ein Land lernt, wenn man mit Menschen spricht, die dort leben und arbeiten
|Gefreut| über das schöne Herbstwetter
|Gestaunt| wie schnell man ans andere Ende der Welt fliegen kann
|Gelernt| viel über das Bildungssystem in Singapur
|Geärgert| über das im Hotel in Singapur vergessene Notizbuch
|Gekauft| Heidekraut für den Balkon und größere Töpfe für die Bananen, Reisezubehör (Mückenspray, Stromadapter, Durchfalltabletten)
|Geklickt| Anzeige aller Flüge in Echtzeit

Hill Street Tai Hwa Pork Noodle, Singapur

Nicht weit von unserem Hotel befindet sich einer der beiden Hawker Stalls, die seit August 2016 vom Guide Michelin mit einem Stern ausgezeichnet sind: Hill Street Tai Hwa Pork Noodle. Obwohl die Wartezeiten seit der Verkündung sprunghaft nach oben gegangen sein und nun bei einer Stunde liegen sollen, versuche ich heute mein Glück und mache mich auf den Weg zum Abendessen dorthin. Eine erste Erkundung zwei Tage zuvor hatte eine Schlange von neun Menschen um 10.30 Uhr morgens ergeben. Geht doch, denke ich.

Ich komme gegen 20.00 Uhr an und sehe schon von weitem, dass ich Glück habe. Beim Ankommen mache ich 12 Menschen aus, die vor mir warten. Da diese jedoch häufig mehr als eine Portion bestellen dauert es ein wenig länger. Ich bestelle das Gericht, wofür der Hawker Stall bekannt ist: Mince Pork Noodles. Es gibt vier Portionsgrößen, die von 5 bis 10 Singapur-Dollar reichen. Wobei die Portion für 6 Singapur-Dollar als „regular“ angegeben ist. Ich entscheide mich für die 8-Dollar Portion, nehme auch ein wenig Chili in die Sauce, als ich danach gefragt werde, und warte noch ein paar Minuten, bis mein Essen zubereitet wird.

Als ich an den Counter ranrücke sehe ich den großen Kochtopf. Mir steigt der Geruch der Brühe in die Nase und damit eine Vorahnung dessen, was mich geschmacklich erwartet. Das hier ist nicht die gemüseverliebte Küche Thailands und auch nicht die zarte Fischigkeit Japans. Hier gibt es Schwein, das nach Schwein schmeckt. Der Koch hantiert mit Schüsseln und Kellen, schöpft hier, schüttet da um, erwärmt Nudeln, mischt die Sauce an, und schüttet noch zweimal mehr hin und her. Hierin liegt auch der Grund für die Wartezeit. Die Gerichte werden offenbar nach immer der gleichen Art und Weise zubereitet, nichts wurde umgestellt und so hochskaliert, dass mehr Portionen pro Stunde rausgehen können. Die Zubereitung dauert eben so lange wie der Koch mischt und schüttet. Schließlich kassiert er und stellt dann eine kleine Schüssel Suppe sowie eine große Schüssel Nudeln mit Fleisch auf mein Tablett. Ich balanciere es zu einem Platz im Freien und bin nach nicht mal 40 Minuten glückliche Abendesserin.

Das Essen ist mein Referenzpunkt. Es ist das erste Mal in meinem Leben, das ich authentisch chinesisch esse. Ich habe keinerlei Vergleichsmöglichkeit, keinen Anknüpfungspunkt, weder werden Erinnerungen geweckt noch kommen Assoziationen auf. Der Geschmack breitet sich in meinem Gehirn aus, wie auf einem weißen Blatt Papier. Nicht mal der einfachste aller Mechanismen funktioniert: Schmeckt es gut? Ich weiß es nicht.

Daher erst einmal zum Handwerk: Der Hawker Stall serviert bak chor mie, ein ursprünglich chinesisches Nudelgericht, das typisch für Singapur ist. Die Basis bildet eine braune Soße, die aus vier Komponenten zusammengesetzt ist, so viel konnte ich beim Kochen beobachten. Wikipedia erklärt, dass es sich bei den vier Komponenten der Sauce um Chili, Öl, Essig und Sojasauce handelt. Darin werden die dünnen Mie-Nudeln gewschwenkt, die sich – ähnlich wie Vermicelli – zu einem kleinen Nest gruppieren. Obenauf verschiedene Sorten mageres, gekochtes Schweinefleisch: ich erkenne das helle Schnitzelfleich, dünn geschnittene Leberstücke, Fleischbällchen und helle Fleischkrümel, die ich nicht zuordnen kann. Als Topping kommen Frühlingszwiebeln und kleine Fischchips dazu.

Ich empfinde das Gericht als ungewohnt, in einer vollkommen neutralen Art und Weise. Und das ist es genau, was es zum Referenzpunkt für mich macht. Menschen mit deutlich mehr Erfahrung in der chinesischen Küche und einer viel geschulteren geschmacklichen Wahrnehmung haben es einsortiert als „eine sehr gute Küche, welche die Beachtung des Lesers verdient.“ Alles, was ich nun weiterhin aus der chinesischen Küche kennenlerne, kann ich dazu in Beziehung setzen und so langsam mein eigenständiges Geschmacksbild in der asiatischen Küche aufbauen.

 

More Singapore

Und hier noch ein paar weitere Eindrücke von den letzten Tagen in Singapur:

  • Die Stadt ist sehr angenehm entspannt zu uns: Dank der großzügigen Beschilderung finden wir uns gut zurecht, die U-Bahn funktioniert problemlos, die Entfernungen sind nicht zu groß, die schwül-warme Luft ist mit dem Wind gut auszuhalten.
  • Es gibt viele Schilder, die auf Dinge hinweisen, Handlungen anmahnen oder verbieten.
  • Wir sehen kaum Kinder auf der Straße, in den U-Bahnen oder in den Cafés und Restaurants. Eine Erklärung: Die Geburtenrate liegt mit 1.2 Kindern pro Frau noch niedriger als bei uns. Eine weitere: Singapur ist ein sehr bildungsorientiertes Land. Die Kinder sind im Kindergarten und werden dort schon früh an auf die Schule vorbereitet.
  • Die Steckdosen haben Kippschalter zum An- und Ausschalten.
  • Das Leitungswasser ist trinkbar. Wasser mit Eiswürfeln servieren die meisten Restaurants kostenlos.
  • Keines der Obst und Gemüse, die wir hier täglich zubereitet bekommen und essen kommt auch von hier. Das gleiche gilt für Fleisch und Eier. In Singapur gibt es keine Landwirtschaft.
  • Das Essen in Foodcourts und Hawker Stalls ist uneingeschränkt empfehlenswert, preiswert und gut. Wir waren bisher in: Bugis Junction, Maxwell Foodcourt, Arab Street, Crawford Lane.
  • Auf der Rolltreppe heißt es „links stehen, rechts gehen“ nicht umgekehrt. Die Rolltreppen fahren schneller als bei uns.
  • Der aktuelle Wechselkurs ist: 1 Euro = 1.5 Singapur-Dollar.

Hallo aus Singapur

Um 05.30 Uhr kann ich nicht mehr schlafen. Nachdem ich kurz die beruflichen Mails durchgeschaut habe, hier also nun ein erster Schwung Bilder meiner Reise nach Singapur.

First things first: Wetter. Es ist tropisch warm, 27 Grad und bewölkt. Allerdings hatten wir den Flughafen erst verlassen, als es schon dunkel war. Und nun ist es immer noch dunkel. Das Bild oben zeigt daher auch den Nachtblick aus meinem Hotelfenster. Der Muezzin der Moschee hat gerade zum ersten Mal heute gerufen.

Ich bin um 20.00 Uhr in Frankfurt losgeflogen, um 0.00 Uhr in Istanbul zwischengelandet und dort um 02.00 Uhr morgens weiter. Um 18.00 Uhr sind wir in Singapur gelandet (alles Ortszeit). Der Flughafen in Istanbul war voller Menschen, und das um Mitternacht! Nachtflugverbot scheint es nicht zu geben, stattdessen Flüge in alle Teile der Welt und Gates, deren Wartebereiche voll mit Menschen sind. Wir mussten zum Glück nicht lange auf den Anschluss warten und sind ein bisschen durch das Terminal spaziert.

Beide Flüge waren ruhig, wenngleich wir im Landeanflug auf Singapur tatsächlich durch ein paar ordentliche Wolken und ein kleines Gewitter geflogen sind. Sogar Schlafen ging ganz gut, etwa 6 Stunden des zweiten, insgesamt zehneinhalbstündigen Fluges von Istanbul nach Singapur habe ich geschlafen. Und dabei den Überflug über Indien verpasst. Das Meeresblau mit den kleinen Inseln und die Straße von Malakka habe ich aber gesehen. Etwa  Stunde vor der Landung geht die Route daran entlang. So viele Schiffe, die kreuz und quer im Wasser liegen.

Das beste Feature der Airline war bisher die Front-Kamera, deren Bild zum Sitz – und teilweise auch auf die großen Bildschirme vorne – übertragen wird. So sieht man z.B. die Weg zur Startbahn und vor allem natürlich die Landung (fast) aus der Cockpit-Perspektive. In Frankfurt sind wir übrigens so lange zur Startbahn gefahren (engl. to taxi), dass der Fluggast hinter mir irgendwann sarkastisch sagte: „I think, we are just going to taxi to Istanbul.“

Wir sind dann doch geflogen.