Momente in Gedanken #6

Das Rendez-vous der Freunde auf der Rigi

Die Rigi ist ein Bergstock, der sich über der Nordseite des Vierwaldstättersees emporragt. Sie bildet zwei Gipfel aus: Die Rigi Hochflue oberhalb von Gersau und den Rigi Kulm oberhalb von Küssnacht. Eine Besteigung des Rigi Kulms beginnt am Hauptplatz in Küssnacht, führt über den Alpenhof und die Seebodenalp hinauf zur Rigi Staffel, wo man über einen Gratweg zum Gipfel gelangt.

An einem Sommertag kann der Wanderer ganz schön ins Schwitzen kommen. Bei hoher Luftfeuchte bringt der Aufstieg einen konstanten Schweißfluss am ganzen Körper mit sich. Trocknen kann der Wanderer auf den Abschnitten in der Sonne, leichte Kühle findet er auf den Wurzelpfaden des Waldes. Für Brillenträger kann sich die Aussicht trüben, wenn der Schweiß von der Stirn auf die Gläser tropft. Die Luftfeuchte erschwert das Atmen, bringt zu wenig Luft in die Lungenflügel, um richtig voranzukommen. Weiter oben kann die Erschöpfung von Schwindelgefühlen abgelöst werden, wenn der Blick über zwei letzte Baumwipfel direkt runter zum See fällt. Dann erhöht sich die Geschwindigkeit des Wanderers drastisch bis er oben ankommt. Dort begegnet er den anderen Bergtouristen, die mit der Zahnradbahn heraufgekommen sind.

Ich stelle mir vor, wie Queen Victoria mit ihren Balmoral sociable den Berg hinauf gebracht wird und an den Gerüchten über die Beziehung zu ihrem Diener schwer trägt. Ich stelle mir vor, wie nur ein wenig dahinter Mark Twain fluchend den Pfad hinaufstapft, weil er wieder einmal zu spät erwacht ist, um den Sonnenaufgang auf dem Gipfel zu erleben. Und mit Goethe und Dostojewski diskutiert er über das Jodeln der Einheimischen. William Turner hängt ein wenig hinterher. Er trägt seine Malutensilien den Berg hinauf, um das Gegenstück zu seiner Rigi-Ansicht zu malen: Den Blick hinunter auf den See. Auguste Escoffier sehe ich auch im Dunst herauf kommen. Der bereitet mal wieder seine Birne Helene im Hotel auf dem Rigi-Kulm zu zusammen mit Ho Chi Minh, der heute mal als sein Küchengehilfe nicht in London tätig ist.